chronomops

Pforten der Wahrnehmung, electronic style. Tina Franks Chronomops stößt Türen zu wahrlich anderen Dimensionen auf. Anders als die in der digitalen Kunst heute üblichen Reduktionismusstudien, anders als die auf Serialität angelegten Minimalbilder, anders schließlich als die allgegenwärtigen Filter- und Überlagerungsexperimente eröffnet Chronomops einen flirrend bunten Raum, der Farbexzess, Wahrnehmungstaumel und Popkarussell zugleich ist. Eine abstrahierte Architektur aus vertikalen Farbbalken wird unablässig in Rotation versetzt, wobei die Module und Bausteine nur so um sich fliegen und das ganze System gleich auch noch um sich selbst rotiert. In der forcierten, teils ruckartigen Bewegung bildet sich ein digitaler Malstrom ab, dessen Sog die BetrachterInnen tief in sich hineinzieht.
Ein System, das wie aus dem Nichts auftaucht, sich eigendynamisch in immer neue Mobilitätsexzesse stürzt, dabei abenteuerliche Achsensprünge vollzieht, sich vorübergehend in zweidimensionale Streifen auflöst, dann wieder in ein prismatisches Licht- und Farbenstaccato verfällt, sich neunzig Grad seitwärts neigt um zuletzt Schwindelgefühle der höheren Art zurückzulassen: Solcherart demonstriert Chronomops, begleitet von der ebenfalls sogartig angelegten Musik von General Magic, was die Pop-Psychedeliker immer schon gewusst haben wollen: dass gleich um die Ecke eines entsprechend abgefahrenen Grooves die "andere" Seite lauert, ein in unregulierter Bewegung befindliches Farben- und Formenlabyrinth, das bloß aus seiner Unsichtbarkeit gehoben und aus seiner Unkenntlichkeit befreit werden muss. Selten sah das Innenleben elektronischer Musik bunter und berückender aus.

(Christian Höller)


Dieses Video entstand rund um das Thema "Essays on Radio: Can I have 2 min. of your time?" für das portugisische Musiklabel "crónica". Der Bildaufbau entwickelt sich aus Würfeln, die aus einfachen geometrischen Mustern - Linien & Raster - aufgebaut sind. Die Würfel werden gedreht und im Raum bewegt - durch die Bewegung entstehen Verwischungen, die räumliche Objekthaftigkeit verschwimmt zu abstrakten Farbspielen.

(Hinweis: zum Video entstand eine Ausstellungsarbeit mit 9 Würfel auf denen Standbilder aus dem Video gezeigt werden. Der Besucher der Ausstellung die Bewegung der Würfel wieder selbst in die Hand nehmen. Indem man die Würfel dreht und damit ein gesamtes Bild wiederherstellt, können auch die anderen Seiten der Würfel betrachtet werden.)

Über das Audio-Stück:
Der Audioteil von Chronomops ist technisch gesehen ein klassisches kurzes Radio-Stück samt Signation. Die Produktionsweise wurde im Sinne einer audiovisuellen Gesamtproduktion mit der Produktion des Videos abgestimmt.

(Tina Frank)

Weitere Texte

Diagonale Preis Innovatives Kino 2006 - Jury-Begründung (Preis (Auszeichnung))

Konsequent erweitert Tina Frank mittlerweile etablierte formalästhetische Kriterien des neueren abstrakten Videos. In ihrer aktuellen Arbeit baut sie einen auf grafischen Layers aufgebauten "psychedelischen" Farb-Körper, der in seiner hohen Dynamik gängige Paapparative Grenze des Bildes expandiert.

Jury:
Sandro Droschl (Curator "Kunstverein Medienturm", AT)
Angela Haardt (Curator for Media Art, DE)
Michael Palm (Filmmaker, Filmtheorist, AT)
Orig. Titel
chronomops
Jahr
2005
Land
Österreich
Länge
2 min
Regie
Tina Frank
Kategorie
Animation/Computeranimation
Orig. Sprache
Kein Dialog
Downloads
chronomops (Bild)
chronomops (Bild)
chronomops (Bild)
Credits
Regie
Tina Frank
Konzept & Realisation
Tina Frank
Musik
General Magic
Verfügbare Formate
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)
Bildformat
16:9
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
Farbe
Festivals (Auswahl)
2005
Seoul - EXis (Experimental Film- & Videofestival)
Helsinki - Avanto Media Art Festival
Utrecht - Impakt Festival
2006
Edinburgh - Kill your timid notion
Paris - Némo Festival
Windsor - Media City
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films (Preis für Innovatives Kino)
Onion City - Film Festival Chicago
Leeds - Int. FilmFestival
2007
Wroclaw - WRO-International Media Art Biennale