Empty Rooms

Die Kamera frisst sich in das Nichts, sie gleitet entlang einer leeren Fläche, deren raue Körnung an minimalistische Formenspiele und Materialanalysen denken und die BetrachterInnen auf sich selbst zurückverweisen läßt. Nach einer Weile kommen neben der eingangs fokussierten weißen Wand zuerst ein langer Gang, von dem Türen abgehen, und danach hallenartige leere Räume ins Bild. Die Szenerie erinnert an verlassene, unterirdische Bunkeranlagen oder an industriell nutzbare Lager- oder Garagenräume, an Räume jenseits einer klar zuweisbaren Nutzung, an Nicht-Orte, deren zweckbetonte Architektur Larcher wie Monumente der Erinnerung an die Inhaltsleere ihrer vermutlich simplen ökonomisch verwertbaren Bestimmung in den Blick nimmt. Unterstützt durch die fein strukturierte, teilweise dröhnende Soundebene von Constantin Popp baut Larcher eine Stimmung des Unheimlichen auf. Doch Larcher geht über das Abbilden der unheimlich dröhnenden Leere hinaus, sie haucht den Räumen Leben ein, isoliert einzelne Teilelemente und lässt die Wände tanzen. Die Räume und ihre Objekte, wie beispielsweise die Lichtanlage, übernehmen die Regie, bis sich die Szenerie wieder beruhigt, und schließlich ein gleißend weißer Null-Raum entsteht, eine Art idealisierter White-Cube, den Larcher mit den eingangs zu sehenden weiß überstrichenen Wandelementen zu seiner neuen - oder doch alten - Bestimmung auskleidet. In Empty Rooms treibt Larcher ihr in anderen Arbeiten sich abzeichnendes, eindrucksvolles Spiel mit in Räumen gespeicherten Erinnerungen und deren Emotionen evozierende Qualitäten voran, die uns schon etwas mehr an die zuletzt immer stärker bedachte Lebendigkeit der Objekte glauben lassen und an das nicht verdrängbare Nachwirken der Geschichte erinnern.

(Sandro Droschl)


Larchers Filme kann man gar nicht anders als zu Ende schauen, weil sie einen Sog entwickeln wie ein Gruselschocker von David Lynch. Kamerafahrten und beunruhigende Soundtracks wirken in ihnen zu einer ins Mark gehenden Spannung zusammen, freilich ohne dass diese konventionell entladen würde. Die jeden Häuslbauer in den Wahnsinn treibende Videoanimation BAUMEISTER funktioniert in dieser Hinsicht ähnlich wie HEIM, dessen spiralkreisförmig vom Dach bis zur Garage eines Einfamilienhauses aufgebaute Spannung sich aus beklemmenden Störelementen speist, die so etwas wie Raumlogik oder Eigenheimidylle schlicht zur Farce erklären. Im Zentrum dieses faszinierenden Durchmessungs- und Texturenfetischs, ob nun in einer kollagierten Tokyoter Wohnungsfiktion wie in YAMA ausgelebt oder in der karg animierten Geometrie von EMPTY ROOMS, steht aber nicht eine Kamera – sondern die Erinnerungs-, Vorstellungs- und Suggestivkraft einer Künstlerin, der nicht im Traum einfällt, sich in ihren Mitteln der Raumidentitätsbefragung selbst zu beschränken.

(Viennale Katalog, 2013)

Filmausschnitt: Empty Rooms

Orig. Titel
Empty Rooms
Jahr
2011
Land
Österreich
Länge
10 min 30 sek
Kategorie
Animation
Orig. Sprache
Kein Dialog
Downloads
Empty Rooms (Bild)
Empty Rooms (Bild)
Empty Rooms (Bild)
Credits
Regie
Constantin Popp, Claudia Larcher
Konzept & Realisation
Constantin Popp, Claudia Larcher
Verfügbare Formate
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)
Bildformat
16:9
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
24 fps
Festivals (Auswahl)
2012
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films
Vilnius - Tindirindis International Animated Film Festival
Wiesbaden - exground on screen
Kassel - Dokumentarfilm- & Videofest
Wien - One Day Animation Festival (Publikumspreis)
2019
Helsinki - metakino Architecture Film Festival