Tic Tac
Tic Tac ist eine Zick-Zack-Technik im Parkour, mit der durch Abstoßen Hindernisse überwunden oder auch eng zusammen stehende Gebäude erklommen werden. Von dieser Bewegungskunst ist in dem nach dieser Technik benannten Film jedoch nicht viel zu sehen. Die Bewegung findet im Film der jungen Filmemacherin Josephine Ahnelt in den Gesichtern der Protagonisten statt. Tic Tac untersucht mikroskopisch die psychischen Prozesse beim Training einer Gruppe von jugendlichen Traceuren, indem die Kamera auf die Mimik und Gestik, auf die Unruhe und Nervosität, auf die Lust und Unlust der Jugendlichen fokussiert.
Ahnelt, ehemalige Schülerin von Friedl Kubelka, beschäftigt sich mit einem Abbildungsprozess, in dem sich im äußeren Spannungsfeld, den zu überwindenden Mauervorsprüngen und Betonplatten, das innere Spannungsfeld spiegelt. Dieses besteht im Erleben der eigenen Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit und dem Umgang damit. Der Film reflektiert in diesem Zwischenraum aber auch die sozialen Aspekte des Abbildungsprozesses: Das Tun, das beobachtet werden will, wird außen vor gelassen. Stattdessen wird der Blick auf dieses mehr oder weniger lustvolle Wollen gerichtet.
Mit den Kratzern auf dem grobkörnigen Super-8-Material lassen sich unscharfe Erinnerungen an eine Zeit assoziieren, die von Reibung geprägt ist. Die Bildsprache des Films verbindet sich mit Erinnerungen an eine Übergangsphase, für die in der Filmdramaturgie Begriffe wie Coming-of-Age verwendet werden. Verstärkt wird der Eindruck des in die Ferne Gerückten dadurch, dass der Film keinen Ton hat. Ahnelts Schwarz-Weiß-Film ist eine zeitlose Zustandsbeschreibung. Im Aufnahmeprozess des in der Kamera geschnittenen Films spiegelt sich aber gleichzeitig auch die Flüchtigkeit und Unberechenbarkeit der gezeigten Zustände wider.
(Angelika Unterholzner)
Tic Tac
2011
Österreich
3 min