A Messenger From The Shadows (Notes on Film 06 A/Monologue 01)
Ein Einpersonenstück für den „Mann mit den tausend Gesichtern“. Horror-Stummfilmikone Lon Chaney war Sohn taubstummer Eltern: Schon als Kind perfektioniert er also Pantomime, berühmt wurde er für seine Meisterschaft als Verkleidungskünstler mit Hang zu grotesker Erscheinung und quälenden Verrenkungen. Die 46 erhaltenen von Chaneys gut 200 Filmen hat Norbert Pfaffenbichler in A Messenger From The Shadows zum Tribut re-montiert – an die Kunst Chaneys, an die unheimliche Kraft des Horrorfilms, an den paradoxen Zauber des Kinos: Notes on Film 06.
Atmosphärisches Alptraumstück über den Gefangenen eines Schattenreichs, zum ewigen Leben verdammt durch das Licht des Projektorstrahls. Das Horrorkino als Hort der Einsamkeit, durch die Bearbeitung tragikomisch zugespitzt: Lon Chaney trägt alles mit sich selbst aus – Kämpfe, Verschwörungen, das beharrliche Beobachten und die übermittelten Botschaften, all die tödlichen (Wahnsinns-)Taten, unmöglichen Liebesgeschichten und perversen Intrigen. Autoanatomie eines Genres: Absurde Reduktion und prismatische Vervielfachung – eine Person, doch die Persona mannigfach zersplittert.
Der Fluss des Schnitts, kongenial untermalt mit Bernd Langs von Brechung zu Filmsymphonie tosendem Soundtrack, eint mächtige Bilder von Meisterregisseuren wie Tod Browning und Kameragenies wie James Wong Howe mit denen von vor allem durch Chaney unverwechselbar gemachte Produktionen zum bizarren Trauerspiel, aus dessen surrealer Logik es kein Entrinnen gibt: ein überwältigender (Meta-)Nachtmahr, kaleidoskopisch komponiert aus den überlieferten Resten eines gewaltigen Erbes zur Geisterbahnfahrt durch unmögliche Räume mit paradoxen Charakteren, beide ausgerechnet mittels ganz klassischer Montagestrategien neu erschaffen. Ein Totentanz, dessen böseste Pointe die unvermeidliche Wiederauferstehung ist – der definitive Phantom Ride.
(Christoph Huber)
2013
Österreich
60 min