Achill

In Achill verlässt eine Künstlerin ihre Welt der Unschärfe, um einen Mann zu treffen. Er ist ein Held, er ist schön – er ist auch jemand, der sich als ein anderer vor tut. Er erscheint auf der Bildfläche: `Im flüchtigen Wahrnehmen und im blinden Rausch liegt das ganze Glück.´ Sie weiß noch nicht, wie es sich verhält. Also Schluss mit dieser Beobachterhaltung: sie versucht zu kommunizieren. In Achill tritt eine Frau aus ihrer Welt, um einen Mann zu treffen. Die Begegnung verläuft desillusionierend, die Frau zieht sich am Ende wieder zurück. Sie ist Künstlerin, she animates films. Der Film, den sie gerade animiert, ist ein Film über diese Begegnung und darüber, wie Schärfe und Unschärfe einander ausschließende Bewusstseinszustände sind.

Dafür greift Gudrun Krebitz in die Trickkiste und bietet alles auf, was ihre Kunst ausmacht: sie bemalt Gesichter, sie bewegt Zeichnungen, Schrift tanzt über das Bild, Edelsteine glänzen, Stimmen sprechen aus dem Off, auch auf Englisch. Und während das Bild ganz und gar dem Thema Unschärfe nachspürt, legt sich das Sounddesign – von Marian Mentrup – wie ein gläsernes Skelett über diese Geschichte, gibt ihr Struktur, macht sie erzähl– und hörbar. So entsteht ein Strom von Assoziationen, von kunstvoll miteinander verwobenen Anspielungen, die die Wahrnehmungs– und Erlebniswelt der Frau darstellen. Bild und Sprache deuten nur an. Die Schrift purzelt hektisch von einer Seite zur nächsten, die Stimmen sprechen mehr in sich hinein als dass sie verstanden werden wollen. Der Wust an Worten ist mythisch und unterstreicht den Reigen bewusst gesetzter visueller Störungen. Was wir vorfinden ist kein Rätsel, sondern vielmehr allgemeine Anspannung und Spannung, im Rhythmus der Musik. Krebitz animiert Räume der Verinnerlichung und der Intuition. In diesen Räumen der Unschärfe und Undeutlichkeit kreiert so etwas wie eine neue Klarheit.
(Sylvia Szely)


Es sind alles Erinnerungen. An ihn, an die erste Begegnung, an den Schmerz der Trennung. Vieles hat weh getan, vieles sie geprägt. Doch sie will all dies nicht missen. Denn es sind die kleinen Momente, die das Große des Lebens aufmachen. Was Gudrun Krebitz in ACHILL gelingt, ist eine kunstvolle Collage aus verschiedenen Eindrücken und auch Stilmitteln. Krebitz arbeitet mit Stop Motion, mit Hintergrundgeräuschen im Off, mit Grafiken und Fotografien. Seine besondere Komplexität und einen zusätzlichen visuellen Reiz gewinnt der Film durch die Verfremdung seines filmischen Materials und die kunstvolle Verschachtelung der einzelnen Ebenen. Dazwischen immer wieder die Bilder einer Frau, die ihren Weg geht. Unbeirrt und doch bereit, jeder Gabelung zu folgen. Mit ACHILL ist der Künstlerin Gudrun Krebitz ein wunderschöner Film gelungen, der sowohl in Form als auch Inhalt experimentiert und spielt. Und der den Zuschauer bewegt.
(Pressetext - FBW (Deutsche Film- und Medienbewertung), 2012)

Weitere Texte

"Achill" von Gudrun Krebitz

Text & Interview von ARTE, vom 10.6.2016,

Link: http://cinema.arte.tv/de/artikel/achill-von-gudrun-krebitz

Bei „Achill“ handelt es sich um eine kunstvolle Collage, die verschiedene Animationstechniken und Stilmittel miteinander verbindet: Realbilder, Grafiken, Fotografien und auch Animationen mit Hintergrundgeräuschen. Durch die Verfremdung des Materials, kombiniert mit der kunstvollen Verschachtelung der einzelnen Erzählebenen, wird der Film besonders komplex und visuell reizvoll. Die gewöhnlichen Rollen von Ton und Musik wurden teilweise vertauscht. Der Dialog ist das Rückgrat der Erzählung und berührt nur stichpunktartig die Bildebene. Die Bilder wiederum arbeiten wie eine Filmmusik - als emotionale, atmosphärische, oft abstrakte Gedankenebene. Die Musik hält zusammen, trennt und gliedert die Erinnerungen, färbt sie ein. Das Sounddesign von Marian Mentrup vertieft, übertreibt, verdichtet, ironisiert - und sagt uns, wo wir gerade sind. Zweifelsohne ist der Künstlerin mit „Achill“ ein außergewöhnlicher und persönlicher Film gelungen, der sowohl inhaltlich als auch formal experimentiert und spielt.

Gudrun Krebitz studierte an der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf in Potsdam-Babelsberg und absolviert seit 2013 einen Master am Londoner Royal College of Art.

Interview mit der Filmemacherin:

ARTE: Wie ist dieser Film entstanden?
Ich wollte einen Film über die Kindheit machen; Ich erinnere mich sehr genau an meine. Mir gefällt, wie wir es schaffen uns von der Welt um uns herum abzuschotten wenn uns etwas fasziniert.
Das ist ganz ähnlich zum Entstehungsprozess von Animation. Jedes einzelne Bild von Hand herzustellen erfordert viel Konzentration und Zeit, besonders wenn man- wie ich- alleine arbeitet.

Sie beschreiben Ihren Film als Skizzenbuch. Ist er nicht auch ein Porträt?
Mein Leben beeinflusst meine Arbeit, das ist sicher wahr. Es ist manchmal einfacher, die Figuren in meinem Film die Dinge sagen und tun zu lassen, so erspare ich es mir selber. Das bedeutet aber auch, dass es eine klare Grenze zwischen meiner Person und meiner Arbeit gibt. Ich beobachte und sauge automatisch alles auf, was um mich herum geschieht, ich kann gar nicht anders. Ich nehme phasenweise nicht am richtigen Leben Teil, das passiert. Gleichzeitig heißt das aber dass mir nie langweilig wird und ich immer arbeiten kann.

Was kam zuerst – der Text oder die Bilder?
Ich hatte schon viel davon geschrieben bevor ich mit der Animation angefangen habe. Ich habe aber damals nicht gewusst, dass es soetwas wie mein Drehbuch werden wird. Das wurde mir erst klar, als ich angefangen habe zu drehen.

Was inspiriert Sie?
Humor ist mir sehr wichtig. Ich finde meine Filme teilweise richtig witzig, habe aber auch begriffen, dass viele sie als düster empfinden. Daran arbeite ich jetzt. Ausserdem beschäftigt mich offensichtlich das Thema Weiblichkeit und Offenheit im technischen Sinne ist mir auch wichtig. Animationsfilme wollen stets Illusionen schaffen – von Bewegung, von Leben – , ich nehme es damit nicht so Ernst. Soll ruhig jeder sehen, wie es gemacht wurde, Fehler und Schmutz sind Teil davon. Der Animationsfilm als Kunstform fasziniert mich einfach, er sucht ein Gleichgewicht zwischen den Genres. Ich finde es auch nicht schlimm wenn Leute sich unwohl fühlen, ich mag seltsame Situationen und bin selber oft unbeholfen, dass ist normal und wir alle haben auch unsere Abgründe. Ich finde, dass sie uns tiefer mit unseren Sehnsüchten verbinden können und uns menschlicher machen.
Orig. Titel
Achill
Jahr
2012
Länder
Österreich, Deutschland
Länge
9 min
Kategorie
Animation, Essay
Orig. Sprache
Deutsch, Englisch
Downloads
Achill (Bild)
Achill (Bild)
Achill (Bild)
Credits
Regie
Gudrun Krebitz
Konzept & Realisation
Gudrun Krebitz
Kamera
Moana Vonstadl
Sound Design
Marian Mentrup
Stimme
Sean Uyehara, Lola C. Bohle, Nicolette Krebitz
Produktion
Hochschule für Film und Fernsehen (HFF)
Produzent*in
Verena Schilling
Verfügbare Formate
DCP 2K flat (Distributionskopie)
Bildformat
1:1,85
Tonformat
Dolby 5.1.
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
Farbe
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
25 fps
Festivals (Auswahl)
2013
Graz - Diagonale, Festival des Österreichischen Films
Istanbul - Int. Short Film Festival
Wien - One Day Animation Festival