O Que Resta
O Que Resta ist ein Traum. Ein knapp 40-minütiger, dämmriger Traum, von der Sorte, bei deren Schilderung man später selbst nicht mehr sagen kann, als wer oder was man vorkam. War man diejenige, die blickte? Oder die Person im Blick? War man Gehör, Bewegung, Atmen? Man war doch schließlich da! Und während man sich immer deutlicher an die im Traum empfundene Regung erinnert, entgleitet das Konkrete. Die Körper und Subjekte, scheint es, waren ohnehin nur vorgeschoben. Dahinter weitet sich im leeren Raum: der Affekt.
Jola Wieczoreks Film O Que Resta ("was bleibt") besteht aus drei Akten: Im ersten bleibt das Bild zunächst schwarz, während eine Stimme Briefe liest. Ein Sohn schreibt aus dem Feld an die Mutter, voll Furcht, nicht mehr heimzukehren. Die Kamera schwebt, während weitere Briefe folgen, über die polierten Böden einer Lissabonner Altbauwohnung. Die Bewegung ist nach hinten gerichtet, ein Zurückweichen, vielleicht ein Abschiednehmen von diesen, mit all den Kupferstichen und Fotografien ganz erinnerungsschweren Wänden. Im zweiten Akt bereitet sich eine alte Dame auf Besuch vor. Ihre Hangriffe sind routiniert, tausendmal gemacht und müde: Kaffeekessel aufstellen, den Bettbezug gerade streichen. Was wären Bezug und Kessel ohne ihre Hand? Im dritten Akt ist die Zukunft des zweiten Gewissheit: Die Möbelpacker kommen, und hinter fortgerückten Schränken bleiben Flecken an der Wand. Ein junger Bursche schreibt aus England. Die erste Auslandsreise, er ist aufgeregt. Die Mädchen tragen kurze Badeanzüge.
Wer ist man in diesem Filmtraum der vielen Zeiten? Der Junge, die Mädchen, die alte Dame, die den Brief einmal bekam? Oder das junge Paar mit Kind, das der Makler durch die Wohnung führt? – Was bleibt, ist ein Filmbild von leeren, zum ersten Mal sonnenhellen Räumen: Und ein letzter, gewohnheitsmäßiger Schwenk der Kamera auf ein gerahmtes Bild, das gar nicht mehr an der Wand hängt.
(Maya McKechneay)
Nach einem Jahrhundert wird der Haushalt einer Lissabonner Familie aufgelöst und avanciert zum Angelpunkt einer biografischen und zeitgeschichtlichen Erkundung. Während die Kamera den weiteren Weg der zurückgelassenen Möbel und Gegenstände begleitet, zeugt ein fragmentarisch im Off montierter Briefverkehr von persönlichen und historischen Tragödien. Was bleibt – o que resta –, ist die Erinnerung. Ein Zeit-Essay. Diagonale Katalog
O que resta
2015
Österreich, Portugal
39 min
Dokumentarfilm
Portugiesisch
Englisch, Französisch