dextro_v64.v59.v62.v63.v21
A new video series by dextro.org explores the fine line between digital clarity and impenetrability. Since the mid-1990s, the project undertaken by graphic designer and artist Walter Gorgosilits has been concerned with generative images based on mathematical formulas. More recently it is concentrated on the realm of HD, principally centering on the relationship between computer precision and rationally intangible affects. Specially created scripts generate “non-figurative movements” (dextro), alternating in appearance between hyper transparency and surreal mysteriousness. Whereby nothing is random – on the contrary, the algorithmic visual processes strive for a direct contact with the optical (and electronic) unconscious.
In the first part of the suite (v64), one seems to see waveforms, jaggedly woven threads, hyper realistically bent, laminate surfaces. The red-orange tint of a portion of the oscillating weave directly engages the visceral nervous system of the brain, while music gleaned from Michael Wysmierski’s Film The Shining Code 2.0 suggests an undreamed of expanse behind what is seen. In the end, the seething image ‘bleeds out’ evenly, its organic undercurrent nonetheless effectively continuing subcutaneously. The middle three sections (v59, v62, v63) appear formally reduced, each accompanying a sound miniature produced by Curd Duca. Nonetheless the target effect is reached, ranging from a mildly administered hypnosis, to being sucked in and grating horror.
Finally, v21 dedicates the entire endeavor to the notion of no longer being, in the form of an imaginary act of devotion. The mental dynamic behind all thought of extinction is captured by a pair of twofold movements (contraction/acceleration vs. expansion/deceleration). In the meantime delicate echoes are heard, of Beatles music and the Japanese musician Suzukiski. Rarely have light and blindness, clarity and terror come so close. (Christian Höller)
Translation: Eve Heller
Über die algorithmischen Arbeiten auf Dextro.org
Alle algorithmischen Arbeiten auf dieser Website (in den Ebenen B/C, D, G und H) beruhen auf nicht-linearem Code. Nicht-linear heißt in diesem Fall, dass den Variablen nur am Anfang ein fixer Zahlenwert zugeordnet wird, während des Ablaufs der Applikation sich der aber ständig ändert und nicht vorhersehbar ist. (Man kann nicht sagen, welche Werte sie z.B. bei der 1000. Iteration annehmen werden, es sei denn man durchläuft alle diese 1000 Iterationen.) Die Ergebnisse einer Iteration werden zu den Ausgangswerten der nächsten. Diese Vorgehensweise ("diskretes dynamisches System") ist nahe an der Natur und erzeugt folglich auch organische Bewegungen sowie Strukturen, die natürlich gewachsen aussehen.
Streiten sich die Chaosforscher noch, ob ihr Unvermögen, dynamische Systeme in der Natur über lange Zeiträume vorherzusagen, in zu geringem Wissen begründet ist, oder ob man das prinzipell nicht kann, egal wie viel man weiß?
Nun, die Software, die hier verwendet wird, hat eine begrenzte numerische Auflösung. In den "mathematischen Situationen", die damit erzeugt werden, kann man "alles wissen", und folglich sind die Ergebnisse dieser Applikationen auch zu 100% reproduzierbar. Jede neue Berechnung z.b. eines Bildes sieht, bis aufs Pixel genau, exakt gleich aus. (Dass das so ist, sieht man z.B. an den Videos, in denen sich einzelne Parameter langsam ändern, der Großteil des Bildes aber völlig ruhig und stabil bleibt.)
Die mathematische Strenge wird allerdings bewusst durchbrochen, durch mehrere Methoden:
- erstens durch eine Art von Evolution:
Diese Scripts werden z.T. über Jahre entwickelt. Neu generierte Bilder werden immer wieder begutachtet und interessante Strukturen in ihnen verstärkt oder gar isoliert, indem nach den verantwortlichen Parametern gesucht wird, und deren numerische Werte so gewählt, dass der Effekt (z.B. eine Interferenz in einem Zusammenspiel von Oszillatoren) möglichst stark zutage tritt. Da die Parameter miteinander vernetzt sind und sich gegenseitig beeinflussen, muss so ein "numerisches Fenster" für jeden von ihnen gefunden werden, was ziemlich zeitaufwändig sein kann.
Da dabei immer wieder auf Unvorhergesehenes reagiert wird, kann (muss aber keineswegs) das Endergebnis von der ursprünglichen Idee abweichen. Dieses Vorgehen ist also nicht wirklich zielgerichtetes Programmieren. Es bedeutet aber auch nicht, dass der Programmierer nicht weiß, was er tut. Es bedeutet lediglich, dass er zuweilen mehr Entdecker (von Naturgesetzen) ist denn Erschaffer. Unvorhersehbares wird (manchmal) willkommengeheißen, und bereichert so das willentlich Erzeugte.
Das ist keine Geringschätzung des Verstands, sondern eine Verneigung vor der Natur (die auch in der Mathematik zu Hause ist).
- Einsatz von Randomfaktoren:
Auch das scheint gerne missverstanden zu werden, in dem Sinne, dass der so programmierte Code dann per se zufällig ist und wie ein Screensaver Beliebiges generiert, und sich niemand wirklich anstrengt um etwas von seinem Willen und Verstand bestimmtes zu schaffen.
Dem ist nicht so, schon allein weil aller Code von Grund auf neu geschrieben wird. Der Einsatz von Random-Faktoren dient nur dazu, die möglichen Verhaltensweisen eines mathematischen Rahmens auszuloten. Aus der Vielzahl der so generierten möglichen Antworten wird dann bewusst ausgewählt, was weiterverfolgt werden soll.
Abgesehen davon kommen Random-Faktoren nur noch in einer zweiten Weise zum Einsatz, nämlich wenn ein Bild mittels vieler Millionen verstreuter Pixel gemalt wird. Diese Methode eignet sich zum Visualisieren von Kraftfeldern (wie Eisenstaub, der magnetische Feldlinien zeigt), und um die Interaktionen zwischen Oszillatoren zu veranschaulichen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die winzigen, malenden Objekte zu Beginn zufällige Anfangspositionen haben, weil sich die Unterschiede durch ihre große Zahl ohnehin verwischen. Was bleibt ist ein leichtes Rauschen, was einem code-generierten Video oder Bild aber durchaus zum Vorteil gereichen kann, weil es dadurch lebendiger wirkt. Genausogut könnte man jedoch auf diese Zufälligkeit verzichten und die Millionen Pixel von zuvor festgelegten Positionen starten lassen. Am Aussehen des Bildes würde das, abgesehen von besagtem Rauschen, nichts ändern.
Dieser beschränkte Einsatz von Random-Faktoren bedeutet also keineswegs, dass am Code irgendetwas beliebig und zufällig ist.
- eine dritte Methode bezieht das Unterbewusstsein mit ein. Dazu wird, z.B. durch manuelle Eingabe via Maus, auf eine wechselnde Situation reagiert (z.B. auf die Musik im Falle einer Soundvisualisierung), und zwar so, dass der Verstand keine Möglichkeit hat, auf vorgefertigte Muster zuzugreifen.
Das wird unterstützt durch den Einsatz von Cannabis (das ja den Zugang zum Unterbewusstsein öffnet, indem es die abschirmende Wirkung des Verstands vorübergehend mindert), und/oder einfach dadurch, dass nicht zu viel überlegt, sondern ein gewisses Maß an Spontaneität erhalten wird. Dazu macht man sich zwar mit einer Aufgabe (durchaus gewissenhaft) vertraut, führt sie dann aber schneller aus, als der Verstand es kontrollieren könnte.
Das so zustandegekommene Ergebnis kann man danach immer noch "korrigieren", sprich einem zuvor festgelegten Ziel annähern.
Durch diese Methoden kommen Scripts zustande, die man mit zielgerichtetem Programmieren alleine niemals erzeugen könnte, denn sie sind zwar ziemlich verschachtelt, aber (zuweilen extrem) kurz.
Ihre geringe Länge steht in starkem Gegensatz zur Komplexität der Bilder und Bewegungen, die sie generieren, und zwar (wahrscheinlich) mehr noch als bei mittels fraktalem Code erzeugten, weil es in ersteren keinerlei Selbstähnlichkeit gibt.
Um ein Bild wie dieses durch zielgerichtetes Programmieren zu erzeugen, müsste der Code jeden Splitter und jede Faser definieren. Und das Ding bewegt sich ja auch noch. Das Script wäre wohl 50 A4-Seiten lang. Das kann kein Mensch mehr überblicken.
Durch oben beschriebene Methoden kommt es zu einem Script, das, nach Streichung aller Leerzeichen und line breaks, eine halbe A4-Seite lang ist...
dextro_v64.v59.v62.v63.v21
2014
Austria
7 min 15 sec