Blow-Up
Als Blow-up bezeichnet man einen Kopiervorgang, bei dem ein Schmalfilmstreifen über eine Optik auf einen 35mm-Filmstreifen vergrößert (aufgeblasen) wird. Dieser häufig angewendete Prozess ist der Ausgangspunkt meiner Überlegungen. Gearbeitet wird mit gefundenem Material. Es zeigt einen Mann, der an einer weiblichen Puppe Mund-zu-Mundbeatmung demonstriert. Er drückt seine Lippen auf den Mund der Puppe und presst seinen Atem in die künstlichen Lungen seines Demonstrationsobjekts, wodurch sich die Kunststoffbrüste heben und wieder senken. Nun ist es natürlich naheliegend, diese Szene mit dem Begriff «Blow-up» in Verbindung zu bringen. Der filmische Körper, damit ist das Filmmaterial als Körper-an-sich gemeint, soll mit dem auf Film abgebildeten menschlichen Körper in Beziehung treten.
(Siegfried A. Fruhauf)
Mit unerhörter Verve hat sich Siegfried Fruhauf innerhalb nur weniger Jahre in das zeitgenössische Filmkunstgeschehen Österreichs eingeschrieben. Fruhauf setzt nicht nur die fruchtbare Tradition des oberösterreichischen Avantgardefilms fort (Kubelka, Export, Weibel, Brehm to name a few), es gelingt ihm auch, einen immer wieder verblüffenden Zugang zum "strukturellen" Filmschaffen zu entdecken.
Fruhaufs Filme folgen stets einer erkennbaren Ordnung, einem vorab erarbeiteten Konzept. Was allerdings in den späten 70er Jahren als "avantgardistisches" Allheilmittel angesehen wurde und zumeist im schieren Akademismus mündete, wird hier mit Humor aufgebrochen. Fruhaufs Filme tragen stets ein Augenzwinkern zur Schau; ihre Stärke verdanken sie einer unbändigen Lust am Experiment mit dem Material.
Das Grundmaterial zu Blow-up bilden zwei Einstellungen eines antiquierten Lehrstreifens über Reanimation: Ein Mann demonstriert an einer lebensgroßen Puppe die Technik der Mund-zu-Mund-Beatmung; der Brustkorb der Puppe hebt und senkt sich wieder.
Diesen Bildinhalt überträgt Fruhauf ins eigene Metier, um die Metapher des filmischen "blow-ups" zum doppelbödigen Bild gerinnen zu lassen. Zunächst wurde der Filmstreifen auf einem digitalen Fotokopierer soweit verkleinert, bis nur mehr ein schmächtiger Streifen übrig geblieben war. Blow-up präsentiert uns diesen Trip im Rückwärtsgang: Der dünne Faden wird reanimiert, schwillt schrittweise an, bis das Ausgangsbild erkennbar wird und uns schlußendlich formatfüllend entgegen tritt. Und es wäre kein Fruhauf-Film, wäre diesem Lehrstück über den kinematographischen Körper kein Schmunzeln am Schluß vorbehalten...
(Peter Tscherkassky)