HEIMAT
Es erscheint als Gebot der Klugheit, sich übermäßig beladenen Begriffen, wie eben Heimat einer ist, so nüchtern wie möglich zu nähern. Das Herkunftslexikon macht es vor: Heimat sei eine Suffixbildung zu Heim, was wiederum "Ort, wo man sich niederläßt, Lager" bedeute und teile sich seine indogermanische Wurzel mit Heirat ("Hausbesorgung") und geheuer ("zur Hausgemeinschaft gehörig, vertraut"). Bezogen auf die Herkunft seines Materials besteht Peter Grammers Video aus einem vielfältig bearbeiteten 360-Grad-Schwenk in einem Wald, der anagrammatischen Permutation des Wortes Heimat und der Anordnung dieses Materials in 6 Strophen.
Im Film wird bekanntlich das Bild mit dem Ton "verheiratet", ein Vorgang, der in HEIMAT durch die Verwendung eines Metronoms begleitet wird, das der Orientierung dient. An der Rhythmik des Taktes vermeint man ablesen zu können, wie viele Schichten von Bildern und Wortbildungen sich gerade auf welche Weise überlagern. Damit erreicht Grammer, daß die Verbindung von Wald und Wort nicht allzu geheuer wird: Auch wenn das Video über weite Strecken wie ein Leierlied oder eine Beschwörungsformel daherkommt, zielt es auf anderes. Wie die Titelsequenz (Schreibmaschinen-Lettern, aus der Perspektive des Papiers aufgenommen, die sukzessive Heimat schreiben das erklärt auch das verkehrte E im Titel) verrät, geht es um die Dekonstruktion der Einschreibung, die Dekonstruktion des Ortes, von dem aus man blickt und aussagt: Was die Leinwand erreicht, ist eine ruckartig bewegte Spiegelung.
(Vrääth Öhner)
HEIMAT
1999
Österreich
17 min