Palmistry

a) Ein dickes Mädchen singt über ihre Verweigerung, dünn zu werden, um den Männern zu gefallen.

b) Das erste Mal für sie und ihn.

c) Beim Handleser.

Eine Gegenüberstellung von schrecklichem Aberglauben und schrecklicher Wissenschaft. Der Gesang des dicken Mädchens:

I like to eat, I like to drink,
so made me god, I will not shrink
I like the cakes, I like the pies
as long as you eat, you will not die, //
To starve to death, to please a man
is woman´s curse, it is a shame
because he leaves you anyway,
so why not eat, stay cheerfull and gay. //
There comes a little man along,
I blow him up, I make him strong,
he eats with me from my substance,
I feed him, rear him, give him a chance,
I do not flinch when he swells up,
In surface leaves and makes a swap:
He will not live long anyway,
from borrowed strength, I can so say, //
So I go back to eat and drink
This will not hurt me, make me shrink,
I like the cakes, I like the pies,
as long as you eat, you will not die.

(Maria Lassnig)


Lassnigs 1973 entstandener Zehnminüter Palmistry (Handlesen) besteht aus mehreren dramaturgischen Einheiten. In einem sehr schön exzentrisch quer durch die Bildschirmdiagonale verlaufenden Splitscreen
kombiniert Lassnig Realfilm und Zeichnung (eine singende Rubensfrau thront über einem Obst-Stilleben), während später Kinder und Familienfotos mise en scène mit Zeichnungen ihrer Handfläche oder farbigen Finger- und Handabdrücken unterlegt werden. Im Mittelteil des Films versucht ein männlicher Handleser Lassnigs Persönlichkeit aus ihrem Körper (pars pro toto: der Handfläche) zu deuten. Und liegt dabei mit jeder Aussage daneben:

Er: „You like good food.”
Sie: „I’m only eating rice and noodles. (...)”
Er: „Your lifeline is far apart from the headline, you are not dominated by the head.”
Sie: „I read Kant and Plato.”
Er: „Your heartline is not connected with the headline, it means you don’t mix up life with love.”
Sie: „But I almost killed myself because of ...”

Die Blick- und Interpretationshierarchie Mann -> Frau erweist sich ebenso als Dead End wie der Versuch, aus dem „Körpergehäuse“ Rückschlüsse auf Biographie und Persönlichkeit zu ziehen. Mit diesem Umkehrversuch ist Palmistry letzlich auch ein humorvoller Kommentar zu Lassnigs Gesamtwerk: Nicht von außen nach innen geht ihr Blick als Künstlerin, sondern von innen nach außen. Die Körper, die Lassnig auf die Leinwand bringt, sind weniger real antizipierte, als „aus ihrem Fühlen heraus“ dargestellte – darum hat sie auch (bis auf wenige Ausnahmen in den 90er Jahren) nie mit realen Modellen gearbeitet.

(Maya McKechneay, In: Diagonale Katalog, 2006)

Orig. Titel
Palmistry
Jahr
1974
Länder
Österreich, USA
Länge
11 min
Kategorie
Avantgarde/Kunst
Orig. Sprache
Englisch
Downloads
Palmistry (Bild)
© Maria Lassnig Stiftung / Courtesy sixpackfilm
Palmistry (Bild)
© Maria Lassnig Stiftung / Courtesy sixpackfilm
Palmistry (Bild)
© Maria Lassnig Stiftung / Courtesy sixpackfilm
Credits
Regie
Maria Lassnig
Verfügbare Formate
16 mm (Distributionskopie)
Bildformat
1:1,37
Tonformat
Mono
Bildfrequenz
24 fps
Farbformat
Farbe
DCP 2K flat (Distributionskopie)
Tonformat
Stereo
Farbformat
Farbe
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)