trans
Einst, in den frühen Jahren des Kinos, hat man dem neuen Medium einen lyrischen Begriff verpaßt: elektrische Schatten. Auch ein Jahrhundert später noch wird die Spezies der bewegten Bilder dieser Vorgabe, mehr oder weniger, gerecht, allen technologischen Mutationen zum Trotz. Michaela Grills und Martin Siewerts trans ist dafür ein gutes Beispiel: ein Werk der Schatten und Schemen, eine Wiedererfindung des elektronischen Kinos als abstrakte Malerei.
Die Flüchtigkeit der Bilder ist Programm: graue Umrisse auf weißem Grund, Linien, Gitter und Felder huschen vorbei, Phantome des Wirklichen, gefangen in einem Zwischenreich der Festplatten. trans geht schrittweise, nicht "fließend" voran, in einer Serie von Einzelbildern: Die Bewegung ist hier nicht in den Bildern selbst, sondern zwischen ihnen.
Die Musik ist dabei eine gleichberechtigte Partnerin; Martin Siewerts raffinierter Soundtrack bemüht sich weniger, das Visuelle zu begleiten, als es zu bereichern, zu erweitern, ihm etwas entgegenzusetzen: es knackst, knarrt und dröhnt in der sinistren Tonspur, gegen Ende hin taucht sogar die Andeutung einer Melodie, eine synthetische Basslinie, auf.
Die Zurückhaltung der Mittel definiert diese Arbeit, die sogar farblich radikal kontrolliert erscheint: vom Grau des ersten Teils zu den zarten Blau- und Grüntönen des zweiten. Die Dramaturgie der Verdunkelung im wiederholten Bildmaterial erinnert, während sich der Puls der Montage zu erhöhen scheint, von fern an die Rhythmen der Filme Dietmar Brehms. trans ist eine Arbeit des Ineinander-Übergehens.
Ihr Hauptschauplatz ist der Raum zwischen zwei Bildern, ihre prägende Ordnung das Weder-Noch zweier ineinandergedachter Positionen.
(Stefan Grissemann)
trans ist ein Versuch der Auslotung: Einerseits des Schwebezustands zwischen zwei Punkten, andererseits des ambivalenten Weges vom Anfangs- zum Endpunkt. Dieser Weg in seinen potentiell mannigfachigen Entwicklungs und Erscheinungsformen wird begleitet von Vorahnungen des Endes und Erinnerungen an den Beginn des Überganges: sozusagen eine vor- und rückwärtsgewandte Reflexion und Hinterfragung des Topos des Determinierung von Entwicklungsszenarien.
(Michaela Grill)