a lucia
a lucia ist keine Hommage, weder an das Licht der Romantik oder eine konkrete Person noch an eine film-, kunsthistorische Tradition; es ist keine manifestierende Anknüpfung an eine (politische) Linie, zugleich spricht es überschrieben mit einer Widmung mitten aus dieser heraus. Rhetorisch fusioniert der Film die (mögliche) ästhetische Erfahrung von Schönheit mit (möglichen) Zeichen einer Herrschaftslosigkeit oder Gesetzlosigkeit (Anarchie), sei es in der direkten Aufeinanderfolge von mächtigen, blickversperrenden Bergmassiv und Horizont, Verzögerung und Fortbewegung oder singulär auftauchender Personen und Tod.
Die Aufnahmen, zeitverzögerte, sequenziell geschaltete singuläre Impressionen, produzieren und visualisieren unterschiedliche Zustandsformen der Leere, eine idyllische und zugleich nervöse Konzentration der Sinne. Den Bildern eingeschrieben ist eine stürmische Witterung sowie eine forcierte Körnung des Materials, während der zeitweise montierte Ton, ein Knistern und Knacksen, sowohl eine Dichte als auch Leere unterstützt. Denn die einzelnen Sujets weisen in sich keine Kausalität auf, hier werden weniger die Spuren des Hergangs sondern vielmehr das Ereignis der Darstellung zum Text. Zugleich brechen sie in sich dieses irreale Moment einer Offenheit, einer Schönheit frei von zweckgerichteten Interessen und Systemen,
und lösen in der Präsenz einer Irreversibilität Beklemmung aus.
(Rike Frank)
die diskursiven gesetze berechtigen uns und fordern uns auf, über den film zu sprechen. gleichzeitig beinhaltet diese berechtigung eine ausschließung - etwa über die repression allerorts zu sprechen, wenn der film diese nicht thematisiert. wir wissen, dass wir nicht bei jeder gelegenheit über alles reden können. wir glauben außerdem, daß diese gesetze wie die juristischen gesetze der aufrechterhaltung der ungleichheit dienen. ungefragt würden wir über das system sprechen, innerhalb dessen wir zwangsweise leben und arbeiten. wir würden darauf hinweisen, dass der film - so sehr wir auch versuchen, uns dem system zu entziehen - mittendrin steckt im weltsystem, letzlich, dass das system, in welchem dieser text abgedruckt wird, nicht zu trennen ist von dem system, in dem bürgerinnen von eu und komplizinnen des kapitals verfolgt, gefoltert und ermordet werden. daher müssen wir befürchten, dieses system unnötig zu nähren, indem wir aus der uns zugeteilten diskursiven position von formalästhetischen oder filmtheoretischen belangen sprechen ohne die den körpern im kinosaal viel nähere gewalt des imperiums zu erwähnen. die erwartungen der institution zu erfüllen bedeutet zugleich die gesetze der mafia, des staates, des imperiums, die verbotene diskurse definieren und unterdrücken, zu akzeptieren. und ihre vorgetäuschte nichterfüllung ist längst schon mechanismus des systems selbst. wir möchten uns nicht als waffe in den händen unserer feinde wiederfinden, doch vielleicht liegt darin ein utopisches begehren.
(Diagonale Katalog, 2001)
In a lucia von Julia Lazarus und Ben Pointeker werden Bilder - großteils weite Landschaftsräume - allmählich atmosphärisch aufgeladen, auch hier tauchen menschliche Akteure nur in kurzen Fragmenten auf - wie Spuren einer (Film-)- Erzählung, die in einem kleinen Drama kulminiert. A lucia weckt Erinnerungen an andere Filme, an Gemälde, alte Landschaftsfotografien. Und verweist zugleich auch darauf, wie vielen Bedeutungen Filmbilder offen stehen.
(Isabella Reicher, In: DER STANDARD, 9.10.2001)
a lucia
2001
Österreich, Italien
10 min