notes on film 01 else
Ein Gesicht in fünf Bildern, schwarzweiß und in Klammern
gesetzt: notes on film 01 else berichtet von den Suchtstoffen des Kinos, von Blick und Bewegung, von Material und Montage und dem Rätsel eines Gesichts. Als Name genommen, kann "else" für die junge Darstellerin stehen, die einem da aus den fünf kleinen Bildfeldern des split screen entgegenblickt: Objekt und Subjekt der Schaulust zugleich. Es scheint, als fänden Filmprobeaufnahmen statt: inszenierte Casting-Testbilder, von mehreren Seiten betrachtet, "kubistisch" arrangiert. Die Frau vor der Kamera bewegt sich, dreht sich, posiert, spielt mit der
Kamera, mit Verweigerung und Hingabe, zaghafter Öffnung und jähem Rückzug. Die orchestrale Musik gibt sich als synthetisch zu erkennen, als Serie von Zitaten zwischen episch aufbrandendem Kitsch und modernistischer
Fragilität.
Alles fließt, alles bewegt sich, in Bild, Klang und Wort. Eine Verwandlung läuft ab: Das Wort "if" beginnt sich in aller Ruhe aufzulösen, sich zu verschieben und zu spalten, sich zu Begriffen wie "then", "or" und "else" neu zusammenzusetzen. Reise ins Andeutungsreich: hin zur Möglichkeitsform der kinematographischen Erzählung, zum Anderen, Fremden des Filmischen, zur Gegenwart, zur schieren Präsenz seiner Akteure.
Gleich eingangs feiert dieser Film, wie im Schnelldurchlauf, die Materialität des Kinos, zitiert Avantgarde-Geschichte, neue SachAnémic Cinema, ohne darüber nostalgisch zu werden. notes on film 01 else fällt aus der Zeit, dem frühen Kino so sehr verpflichtet wie dem nachmodernen: eine Fläche der Projektionen, schwarzweiß und in Klammern gesetzt,
als Nebenbei, als schnelle Notiz zur schmerzlichen Schönheit des Zeit und Raum bewahrenden Bewegungsbildes.
(Stefan Grissemann)