solo mit chor
"Das Gesicht ist Landschaft."(Edgar Morin)
Das Gesicht wird langsam eingeblendet. Ein Frauengesicht in Großaufnahme: pastellkreidebleich, zur Mitte hin fast transparent, bis auf hellgraue Augen, die klar ins Leere blicken. Der Hintergrund: ein gläsernes, farbiges Schimmern.
Das Gesicht bleibt, sechs Minuten lang. Nur die Farben, fleckig aufgetragen, und die Lichtstimmungen wechseln - mit ihnen beginnt es scheinbar zu atmen. Trübungen nagen an den Konturen. Unschärfe und farbige Schleier lösen das Antlitz beinah auf. Wie ein Foto im Entwicklerbad kommt es immer wieder langsam zu sich, die Schattierungen verändern sich und die Augenfarbe wechselt kaum merklich. Die Grenze zwischen Wahrnehmung und Einbildung gerät beim Betrachten ins Fließen. Was hat man tatsächlich gesehen und was nur in das scheinbar ausdruckslose Gesicht hinein gelesen?
solo mit chor von Karø Goldt basiert wie frühere Arbeiten der Künstlerin auf Fotografien. rashim setzen dazu ein synthetisches Musikstück. Fernes Stimmengewirr lagert zwischen fragilen Melodien. Die statischen Fotos, diesmal zwei unterschiedliche Abzüge eines Selbstporträts, werden vor diesem musikalischen Hintergrund durch die Farbbearbeitung buchstäblich animiert. Das lässt - nicht nur wegen dessen Interesse an der Großaufnahme - ans frühe Kino denken: Ganze Sequenzen wurden damals monochrom getönt, um Stimmungen zu vermitteln oder eine zeitliche Orientierung zu geben. Und es erzeugt eine Art von Kuleshov-Effekt, den hier nicht der Schnitt und ein Zwischenbild, sondern die wechselnde audiovisuelle Färbung der zwei Selbstporträts erzeugt: mal vermeint man ein Lächeln, mal einen Ausdruck von Abwesenheit oder von Traurigkeit zu sehen.
"Das Gesicht ist zu einem Medium geworden." (Morin)
(Isabella Reicher)
Ausgehend von einem Selbstportrait, welches 1997 auf K/B-Color-Negativ aufgenommen wurde und 1998 im eigenen Farblabor in einer spezifischen Farbigkeit vergrössert wurde entstand dieser Film solo mit chor. Auch diesmal in enger Zusammenarbeit mit den Musikerinnen RASHIM.
Der Film versucht einer Erfahrung nachzugehen, welche ich als Teenager gemacht habe. Mir geht es in diesem Film darum, aus der Erinnerung heraus einen Zusatnd wieder herzuholen, der mich sehr geprägt hat und der nicht vergessen werden kann. Wie manches Erlebte im Inneren lauert.
Aus meiner Schilderung dieser Erinnerungen in einem Gespräch machte RASHIM die vorliegende Musik; daraufhin war es mir unmöglich den Fotofilm nicht zu machen.
In diesem Fotofilm geht es um eine Art des Alleinseins, des Gefühls von der Welt getrennt zu sein und trotzdem unter dem massiven Einfluss des Außen zu stehen. Auch wenn es sich um scheinbar nicht reale Einflüsse handelt. Beim Machen und Betrachten dieses Fotofilms fiel mir ein Zitatschnipsel von J. P. Sartre ein: "...die Hölle, das sind die Anderen..."
(K. G.)
Solo avec chur (texte français)
Le visage apparaît progressivement. Le visage d'une femme en gros plan : pâle comme un pastel, presque transparent en allant vers le centre, hormis les yeux gris clair perdus dans le vide. Le fond : un reflet coloré, translucide.
Le visage reste à l'écran, six minutes durant. Seuls varient les couleurs, appliquées par taches, et les jeux de lumière avec eux, le visage semble se mettre à respirer. Des altérations grignotent les contours. Zones de flou et brouillards colorés tendent à gommer le visage. Comme une photo plongée dans le bain de développement, il retrouve progressivement sa forme, la distribution des ombres évolue et la couleur des yeux change presque imperceptiblement. Chez l'observateur, la frontière entre perception et fabulation devient perméable. Qu'a-t-on réellement vu et qu'a-t-on cru lire dans ce visage semble-t-il impassible ?
solo avec chur de Karo Goldt part, comme les uvres précédentes de l'artiste, de photos. Les musiciennes de rashim les sous-tendent d'une musique numérique. Un brouhaha de voix dans le lointain se glisse entre des mélodies fragiles. Sur ce fond musical, les photos statiques ici deux tirages différents d'un même autoportrait semblent littéralement animées par le traitement des couleurs. Cela fait penser au cinéma des débuts (et pas seulement à cause du faible de celui-ci pour les gros plans) : à l'époque, des séquences entières étaient coloriées avec une encre monochrome pour rendre des atmosphères ou indiquer une orientation temporelle. Et suscite une sorte d'effet Koulechov qui, ici, est dû non au montage et à une image intercalée, mais au changement de coloration audiovisuelle des deux autoportraits : on croit parfois y déceler un sourire, parfois l'expression du détachement ou encore celle de la tristesse.
Le visage est devenu un médium, conclut Morin. (Isabella Reicher)
Traduction: Françoise Guiguet
solo mit chor
2004
Österreich, Deutschland
6 min