All People Is Plastic
In der Geschichte des Kinos gerät die moderne Großstadt immer wieder zur Projektionsfläche dystopischer Fantasien: Die Idee der Stadt als molochartiger Maschine speiste bereits Fritz Langs düstere Zukunftsvision Metropolis (1927), in der die lohnabhängige Masse in die Knechtschaft der Akkordarbeit gezwungen wird. Harald Hunds 3-D-Animation All People Is Plastic rekurriert auf dieses Bild der Stadt als Disziplinierungsmaschine ebenso wie auf die Moderne-Kritik eines Jacques Tati, bei dem Corporate Culture als alles nivellierende Arbeitswelt der Gleichschaltung und der Entindividualisierung erscheint. In All People Is Plastic sind die Menschen ohnehin längst in Serie gegangen: Hund animiert seine Figuren mit gängiger 3D-Character-Animation-Software – so genannte Default People (Standardpersonen) – und passt seine mattgrauen, in weiblich und männlich schematisierten Prototypen in die Parzellen einer futuristischen Bürowelt ein.
Der Trickfilm beginnt an einem Wochenende: Die graue Masse normierter Angestellter ergießt sich in eine monochrome Plattenbau-Großstadt, marschiert im Gleichschritt auf idente Autos zu, verschwindet in identen Wohnungen und lässt sich anschließend zum Freizeitpark transportieren. Wenn dabei einige Figuren aus der Menge scheren, gegen Stellwände rennen, sich von Hochhäusern stürzen oder den Stadtrand ansteuern, entpuppt sich dieses Verhalten nicht als individuelle Protestnote, sondern lediglich als Konstruktionsfehler der humanoiden Prototypen. King Kong, der im Vergnügungspark einen Wolkenkratzer hinaufklettert, erscheint in diesem Kontext als nostalgischer Verweis auf eine Vision von Großstadt, in der äußere Bedrohungen noch kollektiv ausagiert werden konnten. In Harald Hunds schöner, neuer Techno-Welt stellt sich Architektur dagegen als polierte Oberfläche dar, auf der sich kein Handlungsbedarf mehr abzeichnet.
(Alexandra Seibel)
homepage der produktionsfirma
Retro-futurism in form and content...
(Rotterdam Film Festival)
All People Is Plastic
2005
Österreich
12 min