Entfernungen
Ein junger Mann kommt vom Land nach Wien, er will eine Arbeit annehmen. Martin ist sein Name, er ist schüchtern, unbeholfen, sein Gesicht ausdruckslos. Martin fängt in einem großen Elektromarkt als Verkäufer an, sein Uniformhemd ist gelb, sein Lächeln vor dem Garderobenspiegel (Check your smile) ein erzwungenes. Die Inszenierung ist knapp, kein Bild zuviel, und die Kürze der Dialoge lässt Raum für die (Tragi-)Komik des Moments.
Noch ist Martin alles fremd an der Großstadt, die Bewegung des öffentlichen Verkehrs lässt die Gebäude nur in der Distanz vorbeirauschen. In der Arbeit freundet er sich langsam mit dem etwas älteren Kollegen Woschitz an, ein sprichwörtlicher Hallodri, ein bisschen renitent, eher arbeitsscheu, in seiner Pause trinkt er gerne ein Bier. Im Gegensatz dazu der Streber-Kollege, Stocker wie der Name suggeriert: (stock)steif, korrekt, ein Denunziant, wie sich später herausstellen wird.
Die Konkurrenzsituation am Arbeitsplatz ist ebenso offensichtlich wie die Tätigkeit selbst langweilig ist: mehr oder weniger gelungene Verkaufsgespräche, dazwischen immer wieder Warten, Stillstand.
Genau beobachtet sind die Settings eines einsamen Lebens in der Garconniere des Onkels ohne Bad, die Haare müssen über der Küchenspüle gewaschen werden, manchmal ruft die Mutter an. Gleichermaßen als Fluchtpunkt wie als rhythmische Interpunktion wird die sozialrealistische Skizze immer wieder unterbrochen durch traumähnliche Sequenzen vom weiten, weißen, verschneiten Feld und der flüchtigen Begegnung mit einer joggenden jungen Frau, dem Objekt seiner jugendlichen Begierde.
Im Elektromarkt wird währenddessen gemobbt, nach einem kleinen Eklat gerät Martins Verhör durch den Chef zur Fraternisierungsszene unter Männern, und Martin muss sich entscheiden für die alkoholgetränkten, männerwitzelnden Machtstrukturen oder für ein Zeichen der Solidarität. (Dieter Pichler)
Entfernungen
2006
Österreich
27 min