harz
Ist ein Baum verletzt, tritt Harz aus, eine klebrige Flüssigkeit, die die Wunde schützend umschließt. Je mehr Stoffe dabei entweichen, desto zäher und härter wird es, gewinnt an Resistenz.
Die Sonne scheint, der Schnee schmilzt. Zeit des Übergangs, der Frühling naht. Jugendliche auf dem Land: am Fußballplatz, im Jugendzentrum, auf dem Weg nach Hause. Orte des Dazwischen, abseits des autoritären Zugriffs von Eltern, Schule, Lehre. Sigmund Steiner, ein bedächtiger Porträtist des Ländlichen, spürt in seinem Film Harz dem Gefühl von Jungsein nach, das nicht selten von heftiger Reibung mit der Umwelt erschüttert ist. Die Identität will geschärft, das Begehren geäußert und die Rivalität nicht versteckt werden. Marko steht auf Birgit, aber diese scheint sich mehr für den reifer wirkenden Schoko zu interessieren. Unter dem Druck seiner Freunde geht Marko aufs Ganze, wird aber von Birgit irritiert zurückgewiesen, woraufhin er Schoko mit einer etwas schroffen Provokation vor den Kopf stößt. So unspektakulär sich diese Geschichte anlässt, so entschieden ist ihre Inszenierung. Steiner interessiert sich vornehmlich für die Zwischentöne, für die Labilität seiner ProtagonistInnen, die Melancholie hinter ihren Handlungen. Sein Coming-of-Age-Drama führt deutlich vor Augen: Im scheinbar Nebensächlichen, in Blicken, Gesten, Regungen liegt das eigentlich Wesentliche verborgen. Die Flüchtigkeit der Alltagsbeobachtung kommt auch in der dramaturgischen Anlage zum Tragen. Steiner wählt die offene Form, erzählt bewusst in Ellipsen, in Fragmenten. Der Film mutet an wie eine Skizze, in der gerade die grobe Strichführung die Befindlichkeiten der Figuren unmittelbar zur Darstellung bringt. Harz: Ein Jugendporträt ohne falsche Farben.
(Lukas Maurer)
harz (texte français)
(Lukas Maurer)
Traduction: Françoise Guiguet
harz
2006
Österreich
13 min