visibility of interim~

Helle Linien überlagern sich, bilden Gitter, verdichten sich und erscheinen als Flächen: Mit Hilfe einer Architektursoftware lässt Manuel Knapp geometrische Muster und Formen entstehen, weiß vor pechschwarzem Grund, sodass es wirkt, als würden sie aus sich selbst heraus leuchten. Allmählich verschieben sie ihre Position zueinander, dehnen sich, konstruieren immer neue, komplexere Räume. All das so langsam, dass wir die Bewegung im Detail kaum auszumachen vermögen - allein der Fluss der Veränderung selbst ist uns bewusst.

Wie der Titel visibility of Interim~ schon andeutet, geht es Knapp um das "Dazwischen", jene raumzeitliche Strecke zwischen fixierbaren Zuständen: Die mit 400 frames per second gerenderten Bildinformationen dehnt er auf die üblichen 25 fps, und erhält so Informationen im sichtbaren Bereich, die in der Originalgeschwindigkeit durch die Trägheit des Auges (Nachbildeffekt) nicht wahrnehmbar gewesen wären.
Der Effekt dieser ständigen, scheinbar unbewegten Erneuerung ist ein unheimlicher: Kaum glauben wir im Bezugsspiel von Flächen und Linien einen Raum mit Lichteinfall und Schatten ausgemacht zu haben, entzieht er sich uns wieder. Zentralperspektiven deuten sich an, doch bevor das Auge sie noch erforscht, ist die schräge Ebene nicht länger ein Indiz für Raumtiefe, schließt sich ein gedachter Fluchtweg, wird alles anders - und der Blick findet weder Rast noch Entkommen. In leichten Wellen, mal von links, mal von rechts, hallt, gurrt, knistert es elektronisch. Selbst das Stereo-Echo führt in die Irre.

Als dunkle Architekturphantasie, die Räume als Strebungen inszeniert, mag man visibility of Interim~ in Verwandtschaft mit den Gefängnisbildern eines Piranesi sehen, aber auch mit jenem schiefen Hell-Dunkel des deutschen Expressionismus. Ob Kupferstich, Film oder digitale Animation: Sie alle geben dem Werden den Vorzug vor dem Sein.

(Maya McKechneay)


interim ist das lateinische wort für eine zwischenzeit. das wort leitet sich von dem lateinischen "inter" ab, welches so viel wie "zwischen" bedeutet.
ausgangsmaterial sind animationen (bewegung von weißen linien und deren strukturen im schwarzen raum), die mit 400 fps gerendert wurden. dieses rendering gedehnt auf 25 fps ergibt eine zeitlupe bei der der zeitstrahl um den faktor 16 gedehnt wurde. dadurch wird bildinformation, die zum teil bei 400 fps anders wahrgenommen wird, sichtbar bzw. wird zwischenzeit durch verschiebung oder dehnung des zeitstrahls sichtbar.

(manuel knapp)



siehe auch : homepage von Manuel Knapp

Orig. Titel
visibility of interim~
Jahr
2007
Land
Österreich
Länge
13 min 40 sek
Regie
Manuel Knapp
Kategorie
Animation/Computeranimation
Orig. Sprache
Kein Dialog
Credits
Regie
Manuel Knapp
Verfügbare Formate
Betacam SP (Distributionskopie)
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
s/w
Festivals (Auswahl)
2007
Rotterdam - Int. Filmfestival
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films (Diagonale-Preis für Innovatives Kino)
Wroclaw - WRO-International Media Art Biennale
Vila do Conde - Festival Internacional de Curtas-Metragens
Seoul - EXis (Experimental Film- & Videofestival)
Amsterdam - Film Experience
2008
Lyon - Les Inattendus Film and Video Festival
Roma - Abstracta Festival