Minot, North Dakota
Eine monotone Landschaft entrollt sich vor dem Blick der Durchreisenden. Einförmige Kleinfamilienhäuser reihen sich an deprimierende Trailerparks und laufen in braunen Ebenen aus. Die Kamera bleibt fast ständig in Bewegung, denn bleiben will hier niemand. In langen Fahrten gleitet sie durch die menschenleeren Mainstreets von Minot, North Dakota, einem Kaff im amerikanischen Niemandsland.
"Die Leute hier sind alle für den Krieg", erläutert eine junge Stimme emotionslos aus dem Off, während die Kamera kurz bei einem Schild mit der Aufschrift "Support Our Troops" innehält.
Dann meldet sich ein Mann auf dem Soundtrack zu Wort und erzählt von seinem Job bei der Air Force. Wenn der US-Präsident den Befehl gäbe, dann würde er die Atomraketen zünden, sagt er, und muss lachen. Tatsächlich klingt es fast komisch, wenn er sich als Babysitter von 150 Atomraketen bezeichnet, die während des Kalten Krieges rund um Minot unterirdisch stationiert wurden und dort bis heute auf ihren Einsatz warten.
Der Dokumentarfilm Minot, North Dakota der beiden Filmemacherinnen Angelika Brudniak und Cynthia Madansky erzählt von einem Leben, das sich direkt über einem nuklearen Waffendepot abspielt und im Kalten Krieg stecken geblieben ist. Die Stimmen der Bewohner - Teenager, Hausfrauen, Air Force-Mitarbeiter - berichten über einen Alltag, der geprägt ist von Paranoia, Überwachungskameras, Rassismus und Fehlalarmen, während die Kamera ihre teilnahmslosen Streifzüge fortsetzt. Wie eine Atom-Wolke über dem Flachland schwebt über allem der Ambient-Sound von Zeena Parkins.
Zuerst wäre sie gerne hierher übersiedelt, erzählt ein junges Mädchen, aber jetzt würde sie am liebsten wieder wegziehen. In der letzten Einstellung von Minot, North Dakota sieht man einen Kleinbus mit der Aufschrift "McHenry Express" aus dem Bild rasen. Bloß weg von hier.
(Alexandra Seibel)