Replay ´08
Cordoba 1978. Eine Reflexion über das Spiel Österreich - Deutschland, das zum Mythos geworden ist. Das Replay eines Replays eines Replays. Hans Krankl im Freudentaumel, die Zeitlupe fast zum Stillstand gebracht. "Drei zu Zwei für Österreich. Nach 47 Jahren, meine Damen und Herren. Eine Weltklassemannschaft, die da heute spielt." So fühlte das vor 30 Jahren nicht nur der österreichische Sportmoderator Edi Finger, so erinnert sich heute noch immer ein großer Teil der österreichischen Bevölkerung. Nüchtern betrachtet sah es der deutsche Radiomoderator Armin Hauffe: "Deutschland unterliegt Österreich in einem Spiel mit Drei zu Zwei. Es war ein schwaches Länderspiel. Das wars hier aus Cordoba."
(Peter Hörmanseder)
Wenn die Selbstwahrnehmung aus Mangel an Perspektiven abstumpft, wird die Erinnerung zum Realitätsbehelf - eine Erinnerung, die substanzlos um die immer gleichen Bilder kreist, sie einfriert, um immer wieder von ihnen zu zehren. Österreichs Selbstwahrnehmung als "Fußballnation" lebt seit Jahrzehnten von einem solchen replay: der ständigen Wiederholung der immer gleichen Bilder jenes Fußballmatchs bei der WM 1978 in Cordoba, das als Mythos von der siegreichen Schlacht gegen den deutschen Goliath im kollektiven Gedächtnis wabert.
In Replay ´08 fängt Peter Hörmanseder Bilder dieses Matchs im Prozess ihres historischen Einfrierens wie kurz vor der finalen Standbildwerdung ein: Hans Krankl, der "Bomber der Nation", in zähflüssig bewegter, nicht mehr enden wollender Jubelpose; das Entscheidungstor zum 3:2 für Österreich als müßige Studie einer Zeitlupe der Zeitlupe. Den Kommentar liefern Edi Finger und Armin Hauffe. Wie bei den Bildern handelt es sich auch bei diesem Kommentar um ein Extrakt - genauer: um Auszüge aus den Kommentaren der damals aus Cordoba für Österreich bzw. Deutschland berichtenden Sportmoderatoren. Der Effekt der Verfremdung rührt hier jedoch nicht aus einer technisch bewerkstelligten Verlangsamung und er führt nicht zur Ansicht eines Mythengebildes. Vielmehr lässt Hörmanseder seine Sprecher, die aus den jeweiligen Ländern stammenden und als Duo agierenden Komiker Christof Grissemann und Dirk Stermann, den Kommentartext in einem Tonfall vortragen, dessen versachlichender Charakter die "Sache" zur Farce werden lässt. Ihrer direkten visuellen Referenz, vor allem aber ihrer Emotionalität beraubt, entpuppen sich die Kommentare zu einem um kompetente Sachverhaltsdarstellung verlegenes Gestammel. In der Verfremdung entwickelt dieses jedoch eine eigene poetische Qualität.
(Robert Buchschwenter)
Replay ´08
2008
Österreich
11 min