Delphine de Oliveira

Rätselgesicht der irgendwo in Paris in einem Innenhof sitzenden jungen Frau: mondbleiches Oval vor Blattdunkel - als gälte es, flüchtige und stumme Minuten lang den Genius der Fotografie in schwarz-weißem Film-Schimmern zu feiern. Ein Rätsel lösen: es zerstören. Hier ist es bewahrt. Was sich im Antlitz zeigt bleibt darin verborgen. Es tritt zu Tage: es entzieht sich. Die Lippen, dies gekräuselte Kinn - wie unter Haut geratenes Schluchzen. Nach fernem Geisterlächeln gleitet der Blick ins Leere, während Wahnsinn über Züge zieht, die sanft und verstörend sind, halb dem Schaudern Medea-Medusas verwandt, halb androgynen Engeln, von denen wir nicht zu sagen wissen, ob sie schön, hässlich oder schrecklich sind mit ihrer hohen Stirn unter dem Flammenkranz hysterisch züngelnder und voluptinös aufschäumender Haarkatarakte. Alchemie eines Porträtfilms, wenig in viel verwandelnd. In den Bann geraten von Augen, die Abgründe, Kriege und Traumströme sind. Hommage, wie man zu sagen pflegt, auch Frage-Wirbel. Wer ist Delphine de Oliveira? Öffnend, offen sprechen Film plus gefilmtes Gesicht - und sind verschlossen. Paradoxon von Porträts, die auf dem Recht beharren, Geheimnis zu bleiben. Am Beginn irritierende Schwenks über finstere Interieurs. An der Wand projezierte Filmbilder einer anderen jungen Frau, in der Leben und Leidenschaft sich aneinander zerstörten. Danach Delphine, in milder Sonne, dennoch unterm Nordlicht der Endlichkeit: stolz, versonnen, verstörend, verstört. Weder vereinnehmbar noch zu erklären. Verwunschenes Wesen oder verzauberte Zauberin aus einer conte de fées, nah wie der Alltag, aber ferner als Shangri-La. Ruhende Mitte des Films. Erst der Schock des letzten Bildes enthüllt, was bislang unsichtbar war, den magersüchtigen Leib. Wie Magie in Realität verlöscht und der Film ins fahle Weiß seines Endes.

(Harry Tomicek)


Der jüngste Film der Fotografien und Filmemacherin Friedl vom Gröller zeigt das kurze Portrait einer Frau voller Geheimnisse. Wir blicken in ihr Gesicht, beobachten ihre Gesten und erfahren doch nichts weiter über die Person, die somit ein perfekter Spiegel unserer eigenen Porjektion bleibt.

(Brigitta Burger-Utzer)


Der (…) Film zeigt das Gesicht einer jungen Frau, die dem Kamerablick – in unterschiedlichen Einstellungen – eine Spule lang standhalten muss. Als BetrachterIn sucht man nach Anhaltspunkten, die Näheres über das Mädchen verraten, aber ihr Blick bleibt rätselhaft und geheimnisvoll. Erst nach langen Minuten wird ihr von Kubelka ein Apfel gereicht, den sie lächelnd entgegennimmt, bevor dann die letzten Bilder ihren magersüchtigen Körper beim Weggehen zeigen.

(Christa Benzer, In: Springerin - Hefte für Gegenwartskunst, 2010)

Orig. Titel
Delphine de Oliveira
Jahr
2009
Land
Österreich
Länge
3 min
Kategorie
Experimental
Orig. Sprache
kein Ton
Credits
Regie
Friedl vom Gröller
Konzept & Realisation
Friedl vom Gröller
Mit Unterstützung von
bm:ukk
Verfügbare Formate
16 mm (Originalformat)
Bildformat
1:1,37
Tonformat
Stumm
Bildfrequenz
24 fps
Festivals (Auswahl)
2010
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films
Windsor - Media City
Onion City - Film Festival Chicago
Toronto - Int. Film Festival / Wavlenghts
Marseille - FIDMarseille International Film Festival
2011
Jeonju - International Film Festival