RaumZeitHund
Nikolaus Eckhards ironische Studie RaumZeitHund ist im Spannungsfeld von Chronophotographie und Kinematographie angesiedelt.
Der Legende nach erfand Eadweard Muybridge die Chronophotographie um 1870 aufgrund einer Wette. Es galt zu beweisen, dass ein Pferd im Galopp für einen sehr kurzen Moment alle vier Beine in der Luft behält. Nikolaus Eckhard bezieht sich in RaumZeitHund explizit auf Muybridges berühmte Fotoserien, die "Animal Locomotions". Ein eigens für diesen Zweck trainierter Hund wurde auf einem Laufband in extremer Zeitlupe (150 Einzelbilder pro Sekunde) aufgenommen. Anders als sein Vorbild verwendete Eckhard aber keinen schlanken, sportlichen Windhund sondern eine wenig repräsentative, langohrige, braune Dachs-Bracke. Dieser an schwarzen Lederriemen fixierte Jagdhund wurde zusätzlich wie ein "Crash-Test-Dummy" mit schwarzweißen, kreisrunden Markierungen versehen. Der Eindruck von "Wissenschaftlichkeit" wird zusätzlich dadurch verstärkt, dass der Farbfilm konsequenterweise völlig stumm vorgeführt wird.
Die zu Beginn noch völlig gleichmäßigen Bewegungen des Hundes werden zunehmend gestört, das Tier beginnt immer stärker zu ruckeln und zu zappeln. Auch für die überaus komplexe Montage des Films stand Muybridge Pate. Der Fotopionier präsentierte seine Bewegungsstudien, indem er die Einzelbilder seriell und rasterförmig gruppierte. Eckhard ordnete gleichfalls sämtliche Kader seines Films rasterförmig an (55 x 277 Frames) und "scannt" diese Matrix anhand diverser mathematischer Funktionen ab. Die Erscheinung des Hundes schwankt dabei "zwischen einer gewaltsam bewegten Marionette und einer scheinbar unbeschwerten Ballerina" (Eckhard). Am Ende und zugleich Höhepunkt des Films schwebt das Tier in Bewegung mit allen vier Pfoten in der Luft. Der Beweis ist erbracht, das Wunder ist möglich.
(Norbert Pfaffenbichler)
Um 1870 trat Eadweard Muybridge mit seiner Serienfotografie den Beweis an, dass sich beim Galopp eines Pferdes für einen kurzen Moment alle vier Beine in der Luft befinden und legte damit einen Grundstein für die Kinematografie. Gut 140 Jahre später enthebt Nikolaus Eckhard seinen Vierbeiner überhaupt der Schwerkraft und lässt ihn eingespannt in die Apparatur vom Laufband abheben.
(Gerald Weber)
RaumZeitHund
2010
Österreich
6 min