Gaelle Obiegly
Gaelle Obiegly ist ein Film über das Nicht-Sehen-Können und über die Umkehrung des Blickregimes. Vermehrt beschäftigt sich Friedl vom Gröller in ihren Filmen mit der Inszenierung. Stand in der Vielzahl ihrer älteren Arbeiten das Gesicht des Portraitierten im Zentrum der Aufmerksamkeit, selbst wenn auch da schon immer die Irritation und die Szenerie eine wesentliche Rolle spielten, so verschiebt sie in ihren jüngeren Arbeiten zunehmend den Fokus auf die räumliche Inszenierung von Interaktionen zwischen verschiedenen Personen.
Der Film beginnt zunächst mit einer Blendung: Ein von der Filmemacherin installierter, in die Kamera gerichteter 16mm-Projektor überstrahlt das Bild, schafft eine abstrakte Corona, in der sich die Figuren vorerst nur als Silhouetten darstellen. Die Szenerie klart wieder auf, man sieht einige Frauen mit verbundenen Augen neben dem Projektor gruppiert, eine weitere sitzt mit dem Rücken zur Kamera und liest etwas vor, dem die anderen ihre Aufmerksamkeit schenken. Die Lesende befindet sich im flackernden Licht des Projektors, das wiederum ihren Schatten auf die dahinter liegende Wand wirft. Der Film bleibt trotz der offensichtlichen Konzentration auf das gesprochene Wort stumm, insofern ist Gaelle Obiegly auch ein Film über das Nicht-Hören. Im letzten "Akt" wendet die Lesende schließlich ihr Gesicht der Kamera zu und wirft sozusagen den Blick zurück auf die Zuschauer und Zuschauerinnen im Kino, ein Blick, der unserem standhält und ihn in Frage stellt.
Gaelle Obiegly bemüht verschiedene Paradigmen des Kinos: das Licht, die Apparatur, das Blickregime und bleibt dabei jedoch bewusst rätselhaft. Fotografieren und Filme machen sind für Friedl vom Gröller Erkundigungen der Seele und diese gibt ihre Rätsel und Facetten erfahrungsgemäß nie einfach und unverschlüsselt preis.
(Gerald Weber)
Im Film Gaelle Obiegly ist der Filmprojektor der männliche Held. Er richtet seinen leuchtenden Blick auf die Filmkamera, daher auch ins Filmpublikum.
Das Filmbild wird abstrakt, die Zentralperspektive ist ausgeschaltet. Drei junge Frauen sitzenals Publikum im Bild. Jeanne in Zirkuskleidung kündigt mit einem Nummernschild die erste Attraktion an:
Die weibliche Heldin nimmt in Dunkelheit auf einer fiktiven Spiegelebene, einem Tisch, Platz und liest vor. Erst dann dürfen die Zuhörerinnen die schwarzen Augenbinden abnehmen und die lesende Person betrachten.
Während der Projektion des Films befindet sich vor und hinter dem gedachten Spiegel je ein Projektor und Publikum, welches gemeinsam hat, dass Gaelles Anblick ihm anfangs verwehrt ist, denn erst in der letzten Filmminute wendet sich Gaelle zur Kamera und damit dem Filmpublikum zu und löst mit ihrem ausdrucksvollem Gesicht die Spannung auf. Die Spiegelebene hat sich zur Leinwand verschoben.
(Friedl vom Gröller)
Gaelle Obiegly
2011
Österreich
3 min