Das persische Krokodil

Das Verhältnis zwischen Krokodil und Mensch ist im Kino noch weit gehend unerforscht, was zweifellos am fehlenden Willen des Reptils liegt, sich auf Annäherungsversuche einzulassen. So ist dieser Verwandte der Saurier auch in Houchang Allahyaris und Maziyar Moshtagh Goharys Dokumentarfilm Das persische Krokodil vor allem mit weit aufgerissenem Maul zu erleben - immerzu bereit, die menschliche Zuwendung mit einem abrupten Biss abzuwehren. Das Krokodil, ein ob seiner Größe besonders eindrucksvolles Exemplar, hätte in diesem Fall Hilfe allerdings dringend nötig, hat es sich doch nach einer Überschwemmung im südostiranischen Balutschestan in einer Zisterne verfangen, aus der es eigenmächtig nicht mehr herausfinden kann. Eine Pattsituation: auf der einen Seite ein verängstigtes, bockiges Tier, auf der anderen zwei Männer, die es befreien wollen, aber nicht so recht wissen, wie sich dies anstellen lässt. Allahyaris Film folgt dem Glücksfall einer "gefundenen Situation" - eines "animal trouvé", wenn man so will. Der österreichisch-iranische Regisseur befand sich auf Projektrecherche , als er auf dieses archaische Real-Time-Drama stieß, in dem sich eine Konfrontation entspinnt, die in ihrer dramatischen Abfolge eine parabelhafte Note erhält: Die Annäherung an das Reptil, seine Fesselung (mit Teppich, Netz und Seil) sowie das sich mehrmals wiederholende Scheitern dieser Aktion mag man als Beispiel der Unbedarftheit des Menschen sehen, sich die Natur Untertan zu machen. Allahyari und Gohary (der bei der Rettungsaktion sogar kurz selbst mithilft) fokussieren eng auf das höchst unterhaltsame Geschehen, in dem wie beim Boxer-Drama die Sympathien allmählich auf der Seite desjenigen liegen, der sich erfolgreich widersetzt. Nur treffen sich hier keine Gegner zum sportlichen Duell, sondern prallen zwei völlig unterschiedliche Auffassungen aufeinander, wie man überleben soll.
(Dominik Kamalzadeh)

Orig. Titel
Das persische Krokodil
Jahr
2012
Land
Österreich
Länge
58 min
Kategorie
Dokumentarfilm
Orig. Sprache
Farsi
Untertitel
Englisch
Credits
Regie
Maziyar Moshtagh Gohary, Houchang Allahyari
Konzept
Tom-Dariush Allahyari
Kamera
Moin Najari, Alireza Esmat Panah, Maziyar Moshtagh Gohary
Musik
Faszle Khaleg, Maste Tavakoli
Schnitt
Daniel Kundi
Ton
Moin Najari
Produktion
allahyari filmproduktion
Verfügbare Formate
Blu-ray (Distributionskopie)
Bildformat
1:1,77
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
Farbe
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)
Festivals (Auswahl)
2012
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films (Bester Kurzdokumentarfilm)
Duisburg - Duisburger Filmwoche
Lima - Peru Int. Short Film Festival
2013
Buenos Aires Festival Int. de Cine Independiente BAFICI
Kaunas Int. Film Festival