Im Wiener Prater
Im Wiener Prater
Der Titel führt schon in die Irre: Friedl vom Gröllers Film Im Wiener Prater handelt nämlich nicht von jenem Vergnügungspark, den man im Allgemeinen mit dieser Bezeichnung assoziiert. Das Spektakel findet in Friedl vom Gröllers Film in einem viel ursprünglicheren Sinne statt. Ganz zu Beginn wird uns ein Kamerastativ gezeigt, das stehengelassen wird, stattdessen begibt sich die Filmemacherin nun auf den Weg – wie wir bald sehen werden, auf die Spuren einer Frau (der Künstlerin Martina L.). Vorsichtig und versteckt nähert sie sich – mit einem durchaus männlich kodierten Blick – der unbekümmerten Spaziergängerin. Was wir im Folgenden zu sehen bekommen, Großaufnahmen des weiblichen Urinierens, bedient eine gleichsam kindliche Lust an der Erkundung von Tabus: Sowohl die bewusste Referenz auf den Wiener Aktionismus wird hier evident als auch die Entsprechung eines früheren Films von Friedl vom Gröller, Boston Steamer (2009) mit der Künstlergruppe Gelatin, in dem es um den Vorgang des analen Ausscheidens geht. Doch das eigentlich `Aufregende´ bei Im Wiener Prater liegt wohl weniger in den Nahaufnahmen anatomischer Details und der damit verbundenen Sexualisierung als vielmehr in jenem Blick, der uns als Betrachterinnen und Betrachter aufgezwängt wird: Wir werden angesehen von dieser Frau, fragend und selbstbewusst – Attraktionskino pur.
(Naoko Kaltschmidt)