Mai 2012
Mai 2012 ist ein kurzer, starker Film, der sich aus drei Elementen zusammen setzt. In der eröffnenden Momentaufnahme verfolgt die Kamera Jogger am Donauufer von der U-Bahn Station Donaumarine aus.
In einem nahegelegenen Altersheim essen gerade zwei alte Frauen. Eine ist die Mutter der Künstlerin, ebenfalls in den Filmen Nec Spec Nec Metu, Gutes Ende und Ich auch, auch, ich auch zu sehen. Sie starrt direkt in die Kamera , von woher eine liebevolle Hand sich ihr entgegen streckt, um ihr Gesicht zu streicheln. Schlieβlich sehen wir einen Weihachtskuchen mit Kerzen dekoriert und von weiteren Kerzen umgeben, die allesamt brennen. Die Szene erinnert an den lodernden Weihachtsbaum in Angers Fireworks ist aber in Wirklichkeit von der Betrachtung von Po zakonu (By the Law) von Kuleschow inspiriert. Die Flammen, die heftig brennen und rasch auβer Kontrolle geraten, veranlassen die Kamera ebenfalls unruhig zu werden und sich – vielleicht in Panik seiend – von ihrem statischen Beobachtungsposten loszureiβen.
Der Akt, Aufnahmen von verschiedenen Orten und zeitlichen Perioden zusammenzufügen, ist ungewöhnlich in Friedl vom Gröllers Filmografie. Aber vielleicht ist ein anderer Aspekt von Mai 2012 noch bemerkenswerter: Der Film hat einen Soundtrack, was Seltenheitswert besitzt bei einer Filmemacherin, die vorwiegend für ihre stummen, schwarz/weißen, 16mm Filme bekannt ist. Noch bevor das erste Bild erscheint bis zum letzten Schnitt ins Dunkle hören wir eine laute Warnsirene, so eine, die um den Film eine Schicht von Beklemmung oder auch Furcht legt. (Der zivile Schutzalarm ist eine Sicherheitsvorkehrung, die von der österreichischen Regierung genutzt wird, um die Öffentlichkeit vor Katastrophen zu warnen, und die jedes Jahr landesweit an einem Tag getestet wird.)
Der Film ist charakteristisch für Friedl vom Gröllers Projekt, die Trennung zwischen Alltagsleben und Kunstschaffen niederzureiβen. Er ist sogar ein besonders bestechendes Beispiel für ihre aktuellen Arbeiten, die allesamt ein Nachdenken über den Prozess des Alterns sind.
(Mark Webber)
Übersetzung: Elke Papp
Akustisch werden die unterschiedlichsten Sujets durch 1 Minute Sirenentest verbunden: Die harmlose Körperertüchtigung von Läufern mit der heillos abhängigen Existenz der - wie wir alle zum Tode verurteilten - Greisinnen im Pflegeheim. Wer kann und will sie bei einem Atomreaktorunfall noch retten? Kerzenflammen verzehren den ganzen Geburtstagskuchen; eine leidenschaftliche Stichflamme erfasst das kraftlose leibliche Da-Sein ein letztes Mal. Hat jemand die Feuerwehr verständigt?
Die Postproduktion hat bedingt durch technische Probleme bis 2014 gedauert.
(Friedl vom Gröller)
Mai 2012
2014
Österreich
3 min