Filmreste

Materialaktionen: Otto Muehl. Montage von übriggebliebenem Filmmaterial aus Filmresten, Amateurfilmen, Vorspannmaterial, Aufnahmen von Materialaktionen etc., montiert in einem genauen Schema (60 Blöcke zu je 10 Einstellungen), dann zum Großteil überzeichnet. Ton: Musik-, Geräusch-, Gesprächsfragmente, Ansage einzelner Einstellungen. Mein destruktivster Film, "Modell einer futuristischen Wochenschau". (E. S. jr.) "Filmreste" deckt radikal die den Film konstituierenden Kunstmittel auf. Schnittreste aus früheren Filmen, Hilfsmittel aus dem Arbeitsbereich (Negativfilm und Startbänder) und auf der Tonspur Fragmente aus dem Hörfunk, wurden von Schmidt nach einem Reihenschema montiert. (...) Um den Film vor seiner Versachlichung durch das Technische (Montage, Reihen-Schema usw.) zu retten, drückte ihm Schmidt durch die Übermalung das Sigel des Individuellen auf, ein Signum, welches dem herkömmlichen Film versagt bleibt. (Gottfried Schlemmer: Dokument, in: Das Licht der Peripherie. Katalog zur gleichnamigen Filmschau, Wien 1988) (Auch Teil der Rolle Aktions- und Destruktionsfilme)

Weitere Texte

Peter Tscherkassky zu Filmreste von Ernst Schmidt jr.

Die Filmreste sind der Höhepunkt dieser hier skizzierten Bewegung. Der Ton setzt sich zusammen aus einer Gospel-Phrase ("... and a thing called love. Ooouh ...! "...), einigen Sätzen aus einer Nachrichtensendung ("...... bewegen sich die israelischen Panzerkolonnen ... südlich liegenden Wüstenpiste ... "...), einem einzelnen, ständig wiederholten Klavierakkord, diversen Brumm- und Störgeräuschen sowie Schmidt selbst, der dreistellige Zahlengruppen ansagt. Die Bilder, Filmreste, wie es der Titel verspricht, sind zumTeil an der Grenze des Erkennbaren, zum Teil tatsächlich mit Farb- und Filzstiften, diversen Säuren und anderen direkten Bearbeitungen unkenntlich gemacht. Filmschicht und Trägermaterial sind hier endgültig zum Material, zum physischen Objekt transformiert. Einzig verbliebene Bedingung: Der Streifen muß noch durch die Kopiermaschine laufen können.
In Einszweidrei und den Filmresten findet seinen Abschluß, was Kurt Kren begonnen hatte. In den Aktionsfilmen war Kren weit über das Dokumentarische hinausgegangen und hatte eigene Kunstwerke parallel zu den Aktionen geschaffen. Gerade die außerordentliche Durchgestaltung der Fillme (zum Teil mit Hunderten Schnittstellen einzelner Kader, die Kren eigenhändig mit der Feuchtklebepresse - in der Projektion also deutlich sichtbar - fertigte) verlieh ihnen eine Aura, die nicht anders, als in Konkurrenz zum Abgebildeten treten konnte. Gerade weil man die Filme als Dokumentationen hätte mißverstehen können, reklamierten sie die Eigenständigkeit des Films als autonomer Kunstform. Dennoch ist in ihnen eine Balance gewahrt, die ihr Verhältnis zu den Materialhappenings als Dialog gestaltet. Ernst Schmidt jr. ging jenen Schritt der vollständigen Emanzipation von einer abzubildenden Außenwelt weiter.

(Peter Tscherkassky, Die rekonstruierte Kinematografie, in: Horwath/Ponger/Schlemmer (Hrsg.), Avantgardefilm Österreich)


Orig. Titel
Filmreste
Jahr
1966
Land
Österreich
Länge
10 min
Kategorie
Avantgarde/Kunst
Orig. Sprache
keine angaben
Downloads
Filmreste (Bild)
Credits
Regie
Ernst Schmidt jr.
Aktion
Otto Mühl
Verfügbare Formate
16 mm (Originalformat)
Bildformat
1:1,37
Tonformat
Mono
Bildfrequenz
24 fps
Farbformat
s/w
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)