Powder Placenta
In seinem Gedicht Epirrhema ruft Goethe seinen Leserinnen und Lesern zu: Müsset im Naturbetrachten // Immer eins wie alles achten: // Nichts ist drinnen, nichts ist draußen; // Denn was innen, das ist außen. // So ergreifet ohne Säumnis // Heilig öffentlich Geheimnis.
So ist das auch mit Powder Placenta, diesem Feenmärchen, Teil drei einer von Katrina Daschner auf neun (jeweils eigenständige) Werke angelegten Nachdichtung von Schnitzlers Traumnovelle für das Kino.
Feenmärchen zählten einige Jahre lang zu den populärsten Genres des frühen Films: Kostüm-Spektakel voller Tanz und Zauberei waren das, die von rachelustigen Schmetterlingen erzählten, oder gewitzten Erdgeistern, welche mit Hexer-Skeletten um die Wette zaubern - Feiern der Phantasie, der Sinnlichkeit, der Lust. Sämtliche klassischen Kategorien und Hierarchien der Gesellschaft wie der Kunst konnten hier über den Haufen geworfen, von den Füßen auf den Kopf gestellt werden.
Powder Placenta ist ein Feenmärchen, welches davon erzählt, dass und wie scheinbar klar getrennte Räume, Sphären, Strata miteinander verbunden sind und es auch sein wollen: die barocken Wandmalereien von Schloß Harmannsdorf (NÖ), die Wälder und Auen, welche ein Wolfsrudel durchstreift, sowie Daschners von mal verwirrt und mal berückt dreinschauenden, bunt schillernden, pangeschlechtlichen Fabelwesen bewohnte Bühnen-Welt purer Fruchtbarkeit, wo es nur runde Formen gibt und die Lebenssäfte dick plätschern bis strömen. Noch einmal und endlich wieder ist es egal, welchen Kategorien man für gewöhnlich die Dinge zuschreibt: Künstlich oder echt, zwei- oder dreidimensional, Phantasie oder Wirklichkeit – hier werden sie eins, die Montage macht´s, beseelt von einer Vision vom Leben, in dem die Dinge ineinander fließen dürfen. Das Sehnen hat ein Ende, die Feier des Daseins in seiner alles umfassenden Herrlichkeit beginnt.
(Olaf Möller)
Powder Placenta
2015
Österreich
9 min