SPOT (an Attwenger Trilogy)
„Alles kannst du dir ansehen. Aber das heißt noch lange nicht, dass, je mehr du dir ansiehst, du auch umso mehr verstehst,“ singt Markus Binder, ein Teil der Band Attwenger, im oberösterreichischen Dialekt zu Beginn des Videos, während wir in eine Masse roter Pixel eintauchen, die zwischen hell und dunkel pulsiert. Die kunstwissenschaftliche Evidenzforschung setzt sich mit der Repräsentationsfunktion der Bilder sowie deren visuellen Präsenz auseinander und fragt nicht zuletzt, ob sie als Akteurinnen Wahrheitsfähigkeit besitzen. Das heißt, falls die Bilder lügen, müssten sie auch die Wahrheit „sagen“ können. Doch um welche Wahrheit geht es hier? Attwenger spinnen im Text jedenfalls gängige Überwachungsszenarios weiter, in denen jedoch die Paranoia ins Austricksen umschlägt. Es wird einfach so fest gelogen bis niemand mehr weiß, was richtig und falsch ist, weder die Überwacher_innen, noch die Überwachten. Auf visueller Ebene verändert sich hingegen kaum etwas: die roten Artefakte der Bildkompression wabern jedenfalls weiter dahin, unterstützt vom einlullenden Rhythmus der Musik, der plötzlich beim Wort „Ois (Alles)“ (wie in „Alles war gelogen!“) innehält. Bald darauf folgt der zweite Teil der Trilogie: die dunklen, sofort erkennbaren Umrisse von Palmen gegen den dunkelblauen Nachthimmel. Zu irrsinnig schnellem Akkordeon-Punk blinken die auf eine Palme applizierten Lichterketten über einem Vergnügungspark. Man glaubt, eine Szenerie ausnehmen zu können, aber alles verschwimmt im visuellen Taumel rund um die Palme, die Lichteruption nach Lichteruption in den Nachthimmel sendet. Geht es denn um unsere Imaginationskraft, die uns sehen lässt, wo nichts ist? Oder wollen uns diese Bilder glauben machen, dass es hinter ihrer digitalen Oberfläche etwas Anderes gibt als Binärcode? Dass sie, gerade in der zufälligen Geste ihrer Aufnahme, etwas enthüllen? Bevor wir uns an einem Bild sattsehen können, beginnt der dritte Teil des Videos. Nacht, Regen, Autoscheinwerfer spiegeln sich im nassen Asphalt. Auch die Musik hat sich wieder beruhigt. Am Ende bleibt das Gefühl, dass da noch etwas war, das von diesen Bildern ausgegangen ist, etwas Rätselhaftes, Uneingelöstes, das sich festsetzen will.
(Claudia Slanar)
Wie einfach ist es, ein Geschehen ins Zwielicht zu rücken, wenn sich im Gewusel der Bildkompressionsartefakte harmlose Gestalten in dunkle Schatten verwandeln und eine Diskolichterpalme zur Explosionsassoziation wird? Es beginnt mit Rot, einem Signal für gebotene Vorsicht, und es endet in nur drei Minuten als Film noir.
(Crossing Europe 2015)
SPOT (an Attwenger Trilogy)
2015
Österreich
3 min