Zone industrielle
Zone industrielle: Der Titel blitzt in dicken schwarzen Blocklettern quer über einer Zeitungsseite aus dem Wirtschaftsteil auf. Es folgt eine kleine Serie dokumentarischer Momentaufnahmen, Bilder von gefundenen Malereien. Diese greifen Motive und Figuren aus Alltag und religiöser Praxis auf, laut Signatur hinterlässt sie ein gewisser „Papisto Boy“ an Wänden im öffentlichen Raum. Später stehen zwei Männer rauchend und sprechend vor einem alten, geweißten Industriegebäude. Sie wenden sich, einander umfangend, für ein Porträt der Kamera zu, diese bleibt zu ihnen auf Distanz. Ein Schwenk führt den Blick hinauf bis unters Blechdach. Rost hat sich durch Metall gefressen.
Aus dem Off haben Trommeln eingesetzt: Wenn sie sich einer tanzenden menschlichen Gestalt gegenüber wieder findet, gerät auch die Filmemacherin in Bewegung. Die ausladenden Gesten und schnellen Sprünge der jungen Tänzerin sprengen nämlich fortwährend den engen Rahmen des Kaders, die Filmende muss mitgehen, nachjustieren. Die lachend Tanzende ist kaum im Bild zu fassen, beinahe scheint es, als gehe die Intervention – ein Verfahren, welches Friedl vom Gröller in viele ihrer filmischen Porträts einbringt – hier vom anderen Ende der Blickachse aus. Eine Verschiebung, die das Verhältnis von Filmerin und Gefilmter dynamisiert, welches so den alten Hierarchien und geläufigen Fallen der Ethnographie entkommt. Die Filmemacherin aus Österreich und die Tänzerin aus Dakar tauschen sich über ihre unterschiedlichen Medien aus. Die schwarzweißen 16mm-Aufnahmen sind 2014 im Senegal entstanden, die Erdnussfabrik war „ehemals berühmt“ (Gröller). Die energetische Performance der Tänzerin hat in ihrem Hof stattgefunden. Der Film ist vorbei, wenn der Tanz aus ist.
(Isabella Reicher)
Dakar. Auf senegalesischem Zeitungspapier steht der Titel und Ort des ersten Teils des Geschehens. Danach sieht man Ausschnitte einer von Grafittis bemalten, ehemaligen Fabriksmauer. (Maler: Papisto Boy) Die Zeichnungen zeigen Marabouts (Vermittler zwischen Allah und Gläubigen), Geisterheiler, westliche und afrikanische Politiker, Idole, Kult, hungernde Mütter und Kinder. "Papisto Boy" bemalt ohne Auftrag und Bezahlung in dieser desolaten industriellen Zone die Mauer immer wieder. Während die ehemals berühmte Erdnussfabrik in ihrem Siechtum vorgeführt wird, unterhalten sich zwei Freunde und weisen auf diese Monumente des Niedergangs. Eine Trommel kündigt den anderen Aspekt des senegalesischen Lebens an: Und das ist die Lebensfreude, die sich im Tanz und in der Musik äußert. In diesem Fall ist sie weiblich, personifiziert durch eine junge Tänzerin die ihren kultischen Tanz im Hof, den sie mit vielen anderen als Lebensraum teilt, vorführt.
(Friedl vom Gröller)
Zone industrielle
2015
Österreich
3 min