Arrow
Aussen. Nacht. Totale. Ein imposanter Baukran überragt eine düstere, urbane Szenerie. Hingewürfelte Gebäude drängen sich dicht um einen verwilderten Park. Die folgende Einstellung versetzt das Publikum mitten hinein in den verborgenen Garten. In einer aus Einzelbildern zusammengesetzter, ruckeligen Handkamerasequenz wird das kleine Waldstück von innen erkundet. Die Subjektive führt durch dicht mit Efeu bewachsenem Baumbestand; nur eine verwitterte und überwucherte Kinderschaukel zeugt noch von der früheren Anwesenheit von Menschen. Unterlegt sind diese Bewegungsbilder mit einem tiefen, unheimlichen Drone und einem darüber geschichteten, vielstimmigen Vogelgezwitscher.
Thomas Steiner zieht eine zusätzliche visuelle Ebene ein, in dem die Realaufnahmen mit digital verfremdeten, fliessenden Formen überlagert. Diese sich horizontal ausdehnenden, nebulösen Gebilde kontrastieren den naturalistischen Bildeindruck mit grellen, extrem künstlich wirkenden Farben. Stufenweise werden die Bildverfremdungen vorangetrieben, es folgt eine Bild-im-Bild-Sequenz und danach eine mit invertierten, getönten Waldaufnahmen. Die Kamera bewegt sich stetig vorwärts, weiter in den unzugänglichen Park hinein. Die waagerechten, giftigen Nebelschwaden verdecken dabei unablässig - teilweise gänzlich, teilweise partiell - die Sicht. In der Schlusssequenz schließt sich die Klammer, es ist wieder eine unmanipulierte, statische Ansicht der Stadtlandschaft mit dem dominanten Kran zu sehen. Es ist Tag geworden und die Szenerie hat bei Sonnenlicht betrachtet nichts unheimliches mehr an sich.
Thomas Steiner arbeitet mit einer Anzahl von Dichotomien, die er unmittelbar kollidieren läßt: Natur vs. Zivilisation, gegenständlich vs. abstrakt, analog vs. digital, natürliche vs. künstliche Formen und Farben, dumpfes Dröhnen vs. fröhlichem Vogelgezwitscher. Arrow entführt die ZuschauerInnen in einen "verzauberten Garten", in dem die wild wuchernde Natur längst die Oberhand gewonnen hat. Es vermittelt sich der unbehagliche Eindruck, in diesem vergessenen Stück Land ein nicht willkommener Eindringling zu sein. Der Soundtrack unterstreicht zusätzlich das Gefühl von Einsamkeit und Verlorensein. Arrow ist ein vielschichtiges Bildgedicht, dass ebenso schön wie traurig ist.
Arrow
2015
Österreich
7 min