Bereits bekannt und nicht der Rede wert
Das Realgymnasium Mihai Viteazul in Bukarest wurde in den letzten Wochen vor der Revolution 1989 von einem Vorfall erschüttert, in dem sich das totalitäre System unter Ceausescu noch einmal deutlich zu erkennen gab. Ein Schüler hatte in der Stadt Plakate angebracht: Der Diktator wurde darauf als gefährlicher Mörder zur Fahndung ausgeschrieben. Die Miliz hatte den Urheber bald gefasst, er wurde an die Securitate (den gefürchteten Geheimdienst) übergeben, und dann begann die Maschinerie zu arbeiten: Klassenkameraden wurden verhört, die kommunistische Jugendorganisation musste eingreifen, die Direktorin der Schule sollte die Exmatrikulation vorantreiben, der Vater verlor seine Arbeit in der Nationalbibliothek.
Ausgehend von einem Klassentreffen 20 Jahre später rekonstruiert Gabriel Tempea diesen Fall. Dabei werden sowohl der Terror wie auch die Absurdität des alles durchwirkenden Systems erkennbar. Die Behörden gehen sofort von einer Verschwörung aus. Cristian Dutescu aber war ein Individualist, der sich von seinem Gewissen leiten ließ. Noch in der Gegenwart nennt er den „bestirnten Himmel über uns und das moralische Gesetz in uns“, die berühmten Kategorien der Sittlichkeit bei Kant, als wesentliche Inspiration.
Gabriel Tempea war selbst Teil dieser Klasse, einer, der immer zuletzt zu Wort kam, wie er pointiert erkennen lässt: So hat er nun mit Bereits bekannt und nicht der Rede wert in gewisser Weise auch das letzte Wort über den despotischen rumänischen Staatskommunismus. In den Stellungnahmen der Schulkameraden von damals wird auch eine Geschichte des freien Rumänien erkennbar, denn auch das war die Protestaktion von Cristian Dutescu: ein Signal, das zu einer Revolution aufrief. (Bert Rebhandl)
Faptele sunt cunoscute
2015
68 min