Zuhause ist kein Ort
In Zuhause ist kein Ort verarbeitet Clara Trischler Fragmente ihrer Familiengeschichte zu einer audiovisuellen Collage: Erzählte Erinnerungen und filmische Momentaufnahmen aus dem privaten Familienfundus werden dabei zusammenfügt, rückblickend berichten die Großeltern der Filmemacherin von Lebensstationen und Weggabelungen. Die Rahmung, in die diese zu Beginn des Filmes gesetzt werden, ähnelt der eines Erinnerungsalbums. Einem linearen Erzählmuster folgend werden biografische Versatzstücke aufgerufen – vom gemeinsamen Leben in der ehemaligen Tschechoslowakei und den späteren beruflichen Aufenthalten in Ostpakistan und Kenia. So verfolgt die slowakische Kleinfamilie die Unruhen des Prager Frühlings aus der Ferne und beschließt nicht zurückzukehren, um den damals noch heranwachsenden Kindern ein selbstbestimmteres und freieres Leben zu ermöglichen. Es bleibt das Gefühl des Unbehagens, mit einer Flucht die in der Heimat gebliebenen Familienmitglieder auf unbestimmte Dauer zurückzulassen.
Die körnige Textur, die dem eingeflochtenen Super 8-Material eigen ist, birgt eine Ästhetik der Unschärfe, die der Schemenhaftigkeit erinnerter Bilder entspricht. Mitunter verlangsamte, teils verblasste Aufnahmen zeigen vor allem persönliche Eindrücke des Großvaters aus den sechziger und siebziger Jahren. Die darübergelegten Erzählungen kommentieren die Bildebene nicht direkt – vielmehr verweist Clara Trischler mit der Verschränkung unterschiedlicher Zeitebenen auf das fortwährende Nachklingen einst gefällter Entscheidungen in der eigenen Familienchronik.
Ganz nebenbei skizziert das behutsame Portrait der Großeltern auch Rollenverständnisse in dem Familiengefüge – vor allem aber erzählt Zuhause ist kein Ort von Lebensläufen zwischen Fremd- und Selbstbestimmung und dem Grundbedürfnis nach Freiheit. (Jana Koch)
Zuhause ist kein Ort
2015
Österreich, Deutschland
14 min 25 sek
Dokumentarfilm, Kurzfilm
Tschechisch, Deutsch
Englisch