Shadowland
Bei Sonnenfinsternis verdichtet sich die Zeit. Die wenigen Minuten, für die sich der Mond zwischen Sonne und Erde schiebt, werfen den zyklischen Ablauf von Tag und Nacht über den Haufen, verschieben unter Umständen sogar die individuelle Selbstverortung in Zeit und Weltraum. So beschreiben das zumindest im Off einige jener passionierten eclipse chasers, denen Lukas Marxt und Vanja Smiljanic auf die Färöer-Inseln gefolgt sind. Rund um die dortige Sonnenfinsternis vom 20. März 2015 ordnen Marxt und Smiljanic selbst Gedrehtes und Fremdmaterial zu einem kleinen Katalog kosmischer Sichtbarkeiten an: Eklipsen-Jägerinnen und Sammler bringen sich und ihre Sehgeräte in Stellung; eine Weltraumwetter-Fee analysiert die jüngsten Sonnenstürme; eine Radar-Frühwarnstation wartet ebenfalls auf Signale von oben, während der dicke Nebel den Blick nach vorne blockiert.
Esoterik ist Gegenstand, nicht Methode. Anstelle des vertrauten Spektakels einer gleißenden Korona führen Marxt und Smiljanic, in deren Blick sich Staunen und ironische Spielfreude mischen, dann schon mal die flirrende Lichtshow einer lokalen Gitarrenband vor. Eine zweite performt am Ende auf einer pittoresken Klippe mit Sonnenblick die ganze Sonnenfinsternis in einer Einstellung durch - eine inszenatorische Geste souveränen Einblickens und Durchtauchens, deren Imponiergehabe der Film sanft ironisiert. Vorher sind wir nämlich bereits tief ins titelgebende Shadowland, die raumzeitliche Zone totaler Sonnenfinsternis, abgetaucht. Das künstliche Licht der Fotoblitze und tastenden Scheinwerfer, das hierhin dringt, wirkt wie eine rührende Parodie der abwesenden Sonne. Wenn ein Schlaglicht Ausschnitte von Landschaft aus dem Schwarz birgt, ist es, als wollte sich der Mensch vergewissern, dass die Welt noch da ist.
(Joachim Schätz)
Shadowland
2017
Österreich
47 min