Durch Nacht zum Licht
Der Film empfängt uns mit einem Bild von einem "idealen Ort": einer von Kinderhand gebauten Spielzeugwelt. Aber die Idylle ist eine Frage der Perspektive. Die Stadt ist leblos, die Figuren eingefroren. Ohne die beseelenden Menschenhände ist hier alles tot: Wir sehen einen Friedhof, Steinkreuze. Schwarzbilder dazwischen geben dem Dunkel Raum. Dann trägt uns die Nacht fort, in eine Traum-Gedankenwelt: darunter eine Schweinefigur mit aufgesetzter Sonnenbrille. Die dunkle Brille verschleiert die Sicht. Hier wird sie Objekt, verliert ihre Funktion, wird absurd. Wir schauen auf sie, wie auf die leblosen Puppen im Schaufenster.
Über das Meer gelangen wir in eine andere Idylle: ein Wohnzimmer, darin eine Mutter und ihre Kinder. Ganz nahe sind wir bei den dreien. Wieder sehen wir die Sonnenbrille.
Durch sie hindurch betrachten wir das Meer, erinnern uns. Aber das dunkle Glas verändert den Blick, das Bild ist verstellt.
Die Kinder schauen in die Kamera, ihr Blick ein bisschen gelangweilt, er erinnert an die langen heißen Sommer von früher, in denen die Tage endlos, die Zeit unendlich war. Das Spiel geht weiter, aber die Mutter ist eine bloße Inszenierung, eine Puppe, geworden.
Leblos steht sie im Badeanzug, abseits, an der Wand, die Kamera betrachtet sie gründlich. Ihr eigener Blick ist von der Sonnenbrille verdunkelt. Geblieben ist nur ein Körper, eine Figur.
Die Szenen in Friedl vom Gröllers Film sind traumhaft: beklemmend und kindlich, voller erotischer Symbole und surrealer Momente. Sie erzeugt ein bewegendes Stimmungsbild, das Hell und Dunkel, Sehen und Gesehenwerden – und also Leben und Sterben – in verschiedene Kontexte stellt. Am Ende versucht das Kind eine Puppe in die Arme der Spielzeugmutter zu klemmen. Es gelingt ihm nicht. So leicht lässt sich der ideale Ort nicht bauen. (Judith Zdesar)
Durch Nacht zum Licht
2016
Österreich, Deutschland
3 min