Ideal Deficiency
Dieser Film ist wie eine Maschine. Alles bewegt sich, dröhnt, in ruhelosem Rhythmus. Zu Beginn erkennt man eine abstrakte Komposition: ein leuchtender Kreis, von einer schwarzen Linie zerschnitten, darüber Farbdrippings, ein diagonaler Balken in auffahrender Bewegung. Ein hübsches Bild, erinnert an die Moderne, Moholy-Nagy, die Konstruktivisten. Darunter ein Bild von unbestimmter Materie, Schlacke wahrscheinlich, im Hintergrund auf- und abfahrende blaue Rechtecke. Die gesamte Komposition evoziert Fenster eines Computers, aber auch Sedimente, Ablagerungen auf dem Bildschirm ohne jede Tiefe. "Control the rupture", steht geschrieben. Ein kreischendes Klingen: "Split and scratch", die Worte und ihr Klang dringen ein, in diese glatten Oberflächen, von denen rhythmisch einzelne Sujets wechseln: Immer wieder die Close-Ups unbestimmter Körperteile. Ein rasender Tanz an Mustern, die sich nicht grundsätzlich ändern, da die Formate irgendwie gleichbleiben. Fließband der Bilder. Kontrolle? Nicht für uns, die in diese Maschinerie Hineingeworfenen.
Ideal Deficiency handelt von Körpern und ihrer Subjektivierung im Zeitalter maschinischer Kontrolle. Die Linie von der Technikeuphorie der Moderne bis zur algorithmischen Quantifizierbarkeit von heute ist deutlich gezogen: Alles so schöne Muster hier. Kein Außerhalb. Permanente Variabilität des Gleichen. Und doch sind da diese seltsamen Überlagerungen, diese Bild-Formate, die nicht einfach nur übergangslos gleiten, sondern voller Brüche sind. Ideal Deficiency, die ideale Abweichung, sie kann programmiert sein. Sie entsteht aber auch als unkontrollierter Effekt von Programmierfehlern oder Hardwarecrashes. "Ideal" wäre dann nicht der glatte Marmor/Körper, sondern das, was sich abrupt einstellen würde, was einen Riss ins Bild zeichnet, so wie die schwarze Linie, die schon wieder den Kreis zerschneidet. Oder die Schlacke, die zurückbleibt. Im Anfangsbild. Und auch im Schlussbild. (Yvonne Volkart Schmidt)
Ideal Deficiency
2017
7 min