Boomerang
Ein Mercedes steht vor einem Haus, offenbar wartend, doch der Motor läuft nicht. Da spaziert ein Mädchen vorbei, nähert sich dem Hauseingang. Der Fahrer streckt sich aus dem Fenster, er möchte mit hinauf. "Geh weg, Papa, du bist peinlich", sagt das Mädchen. – "Ich liebe dich", antwortet der Vater. Doch Dana lässt sich nicht beirren. Sie ist auf dem Weg zur Einweihungsparty ihrer Mutter, die frisch nach der Trennung in eine eigene Wohnung gezogen ist.
Regisseurin Kurdwin Ayub macht Filme direkt aus ihrem Lebensumfeld. "Überleg dir doch endlich einmal eigene Geschichten, anstatt immer unser Leben zu filmen", soll ihr Vater ihr gesagt haben. In ihrer ersten Langdokumentation Paradies! Paradies! (2016) fuhr sie mit ihm in ihre Heimat Irak und inspizierte dort die Grenze. Boomerang ist nun ihr erster Kurzspielfilm, ihre erste Arbeit auch mit einem Team, mit ein wenig Geld und mit tatsächlichen Schauspielern. Doch frei erfunden ist deshalb noch lange nicht alles.
Gegen Ende des Abends gelingt es Danas Vater, sich doch noch auf die Party zu schleichen, an die Familie anzudocken, die sie alle sind, wenn auch getrennt – räumlich, gedanklich, emotional. Dann sitzt er auf der Couch neben seiner Exfrau, und Dana blickt die beiden an durch ihren Snapchatfilter: Der Kopf ihres Vaters auf dem Körper einer tanzenden Ballerina, ihre Mutter als ein lustig zappelnder Partner. Da muss sie ein bisschen grinsen. Der Schmerz pulverisiert sich durch den Kanal des Displays aber nur unzureichend, und anstelle von Distanz tritt Fokussierung.
Kurios ist das, ein Gefühls-Effekt wie ein Boomerang – und eine mittlerweile charakteristische Qualität von Ayubs Arbeiten: Mit scheinbar unbekümmerter Sicherheit gelingt es ihr, gerade moderne "Apparate" der (vermeintlichen) Herstellung sozialer Verbundenheit mit prädigitaler Nostalgie zu belegen. Das wirkt eigentümlich albern und charmant zugleich. Profund melancholisch in jedem Fall. (Alexandra Zawia)
Boomerang
2018
Österreich
21 min