tx-reverse
Die historische Vereinbarung ist bekannt: Wir sitzen im Kino und betrachten auf der Leinwand etwas von Menschen wie uns Angefertigtes. Aber wissen das die Figuren und Städte, welche wir betrachten, belauschen? Wahrscheinlich nicht. Weshalb wir uns auch nicht sicher sein können, ob wir wirklich eigenbestimmt leben oder Gestalten eines Films sind... Wo also hört der Zuschauerraum auf, wo beginnt das Leinwandinnereigene? Gibt es dieses kinematographisch-semantische Komma, das den Übergang markiert, oder ist er fließend, eher ein "und"? Letzteres, demonstriert tx-reverse. Und wie? Sinnfällig wie sinnlich: Durch eine 360-Grad-Panorama-Aufnahme des mit Zuschauern gefüllten Kino Babylon (Berlin) unter Verwendung der von Martin Reinhart vor mehr als zwanzig Jahren entwickelte Technik tx-transform. Die sich ebenfalls ganz simpel, formel-gleich beschreiben lässt: Raum- und Zeitachse einer Aufnahme werden vertauscht – der Kader, gäbe es ihn in der digitalen Welt, zeigte jeweils die komplette Dauer einer Aufnahme, aber nur einen Bruchteil des Raumes, also genau das Gegenteil dessen, was wir kennen – alles völlig logisch, gänzlich den allbekannten Gesetzen der Physik unterworfen. Aber wie sieht das aus? Und genau das macht tx-reverse zu einem Experimentalfilm im wahrsten Sinne des Wortes: Hier wurden Eindrücke für Auge wie Ohr geschaffen, welche man bislang weder sehen noch hören konnte – wobei das Forscher-Gestalter-Duo Martin Reinhart & Virgil Widrich selber nur eine ungefähre Ahnung davon hatte, was es da kreierte, von dem Ergebnis ergo genauso frappiert-verblüfft gewesen sein dürfte wie es die Zuschauerinnen und Zuschauer sicher sind. Gibt es auch eine Formel, mit der sich die Schönheit wie Intelligenz, das Rauschhafte, Herrliche, Erleuchtende von tx-reverse definieren lässt? Vielleicht diese: Eine Fabel wie von Zhuāng Zhōu erzählt als Trip durch die Jahrmarktszerrspiegelkabinett-Version des 2001-Star Gate. (Olaf Möller)
Making of: https://vimeo.com/340145704
tx-reverse
2019
Österreich
5 min
Experimental, Kurzspielfilm, Animation
Kein Dialog