11 Punkte Programm

In den Filmen von Dietmar Brehm kommt die stärkere Suggestion häufig von der Tonspur. Er bevorzugt dabei alltägliche Geräusche, die für sich genommen eher unbedeutend blieben, die in der Spannung zu Bildern aber eine eigentümliche Plastizität gewinnen. Mit 11 Punkte Programm radikalisiert er sein Vorgehen so weit, dass er selbst andeutet, man könnte den Film „mit geschlossenen Augen“ sehen – oder dann tatsächlich buchstäblich eher: hören. Zu sehen gibt es zwei Formen von – zugespitzt – nichts zu sehen: zu Beginn und zum Ende hin jeweils Schwarzbild, und dazwischen etwa zehn oder elf von den dreizehn Minuten einen extremen Flickereffekt, bei dem es einen zuerst einmal beinahe umwirft. Dann wird allmählich deutlich, dass er von einem fokalen Punkt ausgeht, von einer Pupille, könnte man meinen. Dieser Punkt teilt sich dann, und vermehrt sich weiter, bis insgesamt elf Punkte über die Bildfläche verteilt sind. Das Pulsieren kehrt auch zu seinem Ursprung zurück, aus den elf Punkten wird wieder einer. Ob diese Bewegung der Expansion auch das Programm ist, von dem der Film im Titel spricht, muss offen bleiben. Wesentlich ist eher, dass die Bildbewegung wie in einer Kompensation ihrer eigenen Unerträglichkeit die Konzentration auf den Ton lenkt. Brehm beginnt mit den für sein ganzes Werk so charakteristischen Regengeräuschen, dazu auch eine persönliche Signatur (ein Feuerzeug und Raucheratemzüge). Vor allem aber ist es ein (merklich in einem Innenraum aufgenommener) Ton, mit dem sich Bedrohung verbindet, der auch in 11 Punkte Programm im Zentrum steht: ein Telefon, auf dessen Läuten niemand reagiert. In Verbindung mit einer (ins Nichts gesprochenen) automatischen Zeitansage, einem (verwaist?) schreienden Kleinkind, Hundegebell und einem im Jahr 2020 zusätzlich bedenklich gewordenen Husten zeugt 11 Punkte Programm von einem unklaren Schrecken, der an die besten Filme von Dietmar Brehm anschließt. (Bert Rebhandl)

Orig. Titel
11 Punkte Programm
Jahr
2020
Land
Österreich
Länge
13 min
Kategorie
Experimental
Orig. Sprache
Kein Dialog
Downloads
11_PP_01 (Bild)
11_PP_02 (Bild)
11_PP_03 (Bild)
Credits
Regie
Dietmar Brehm
Konzept
Dietmar Brehm
Videotechnik
Roland Freinschlag
Mit Unterstützung von
Stadt Linz, Land Oberösterreich, TMM Production
Verfügbare Formate
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)
DCP 2K flat (Distributionskopie)
Bildformat
1:1,78
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
s/w
Festivals (Auswahl)
2021
Genève - Animatou Festival Int. du film d´animation