MeTube 3: August sings 'Una furtiva lagrima'
Nachdem sie die imposante Kunstform der Oper als YouTube Stars zelebrieren konnten, danach den abgefahrensten Flashmob aller Zeiten inszeniert haben, erobern August und Elfi nun die Operbühne selbst. (Produktion)
Der Regisseur Daniel Moshel choreografiert blanken Irrsinn. Der Witz seiner MeTube-Serie liegt im scheinbaren Größenwahn, mit dem er völlig sinnentleerte Fantasien, die aus fingiertem Videodilettantismus erwachsen, wuchern lässt und diese dabei erstaunlich planvoll und präzise umsetzt. Die bislang drei Episoden der Reihe sind, gerade als Musikvideos, paradoxe Konstruktionen: handgemachte Indie-Produktionen im Blockbuster-Modus. Die Trilogie kreist um den Schweizer Tenor August Schram, der jeweils eine in den Dancefloor-Technizismus transponierte Arie der Opernliteratur intoniert. Stets an, wenn auch nicht immer auf seiner Seite: eine kleine alte Dame (Elfriede Wunsch), deren chronisch üble Laune sich in Teil drei dramatisch zuspitzt. Das Duo gerät jedes Mal unvermutet in eine surreale Szenerie aus dem BDSM-Biotop, in eine Welt der Fetisch-, Leder- und Latexkleidung. Während Teil eins, veröffentlicht Anfang 2013, in vier kurzen Minuten „Habanera“ aus Bizets Carmen mutieren ließ, nahmen sich Moshel & Schram für MeTube 2 (2016) Carl Orffs "Carmina burana" vor.
Teil drei, zweieinhalb Mal so lang wie der erste, folgt nun der Logik der Expansion: Lokalisiert in einem Opernhaus während einer laufenden Vorstellung von Donizettis Spaßmelodram L’elisir d’amore und ausgestattet mit einem denkwürdigen cast of characters, kippt MeTube3 von Amateurvideobildern jäh in einen High-Tech-Actionfilm und in barock-fellinieske Ideen; der Dirigent trägt Latexmaske und Ballknebel. Ein Minithriller mit fein modulierter Zerstörungslust und deutlichen Anspielungen auf die Mission Impossible-, RoboCop- und Terminator-Filme entwickelt sich, die Techno-Gadgets schwirren durch die Räume, und die Telekinese ist eine oftmals geläufige Praxis. MeTube3, der unter dem Titel August sings "Una furtiva lagrima" veröffentlicht wurde, versteht sich als Opera buffa, gefertigt aus den Kino-Manipulationsmethoden des 21. Jahrhunderts, zugleich als eine lakonisch servierte Satire auf das anything goes im mitteleuropäischen Hochkulturbetrieb. (Stefan Grissemann)
MeTube 3: August sings 'Una furtiva lagrima'
2020
Österreich
10 min