Auf dem Grund des Wäschekorbs
Adele Razkövis Kurzfilm nähert sich einem Alltagsmythos – dem leeren Wäschekorb. Ausgehend von der dokumentarischen, höchstwahrscheinlich autobiografischen, und auf alle Fälle philosophischen Fragestellung, was sich auf dem Grund des Wäschekorbes verbergen könnte, wenn er denn je einmal erreicht wäre, setzt die Protagonistin zum Sprung an. Zum Sprung in die vermeintliche Leere, die sich als Explosion von Farben, Materialien, Tönen entpuppt. Frei von der stets schmutzigen Wäsche – getränkt von „Tränen, Schweiß und Liebessaft“ – wirbelt die Protagonistin durch einen psychedelischen Reigen aus farbenfrohen Kleidungsstücken, die als Wolken und Knäuel ihren ursprünglichen Verwendungszweck nur mehr erahnen lassen. Im Freiheitstanz zeigt sich die poetische Seite der Alltagsmonotonie – das Wäschewaschen als von Vogelgezwitscher und Gitarrenklängen begleitete Sisyphusarbeit, die Ekstase der gründlich erledigten Aufgabe.
In der siebenminütigen Animation zeigt sich der Facettenreichtum der österreichischen Künstlerin: Animation, Malerei, Musik, Skulptur, Literatur und Tanz – unterschiedlichste Disziplinen fließen ineinander und ergeben eine mehrstimmige Ode an einen gewöhnlichen Gegenstand. Die Sehnsucht von Menschen und Lebewesen, Überforderung mit den Anforderungen der modernen Welt und der Bildschirm als Motiv ziehen sich durch Razkövis Arbeiten. Hier ist das Bullauge der Waschmaschine blindes Fenster zur Welt und der Wäschekorb ein Portal in eine unbeschwerte Dimension, frei vom Anker der ewig verschmutzten Kleidung. Auf seinem Grund befindet sich – die Freiheit? Diese Frage scheint sich nicht zu beantworten, doch soviel ist klar: dieser frisch duftende Zustand hält nur bis zum nächsten Fleck und maximal so lange, bis das Kind seine schwarz weiß gestreiften Socken sucht. (Christina Wintersteiger)
Auf dem Grund des Wäschekorbs
2021
Österreich
7 min