TRANS*GAZE

Der „Blick“ gehört zu Filmtheorie wie das „Salz“ in die Suppe. Wenn also Rosa Wiesauer in ihrem Filmtitel ein „alternatives Blickregime“ (Robin McRuer) verspricht, dann liegt die Latte hoch! Denn im so genannten „male gaze“ begreifen wir das Paradigma, welches Schaulust in eine aktive, männliche Dimension und eine passive, weibliche Dimension (des Angeschaut-werdens) aufteilt. Das klassische Kino muss für die Etablierung dieser binären Logik zunächst den Blick der Kamera unsichtbar machen, und TRANS*GAZE vollzieht zunächst ebendiesen Konventionsbruch, sich ganz in die Tradition feministischen Filmemachens einordnend: wir sehen Backstage die Beleuchtung, die Bodenmarkierungen, die Staffage. Und den direkten Blick der Personen, die in diesem „Confessional Film“ in ausdrucksstarker und überzeugender Weise über das sprechen, was Jack Halberstam „queer time and space“ bezeichnet hat, in die Kamera: Trans*Gaze.

Die darüber hinausgehenden Blickrichtungen bleiben im Genre: Talkingheads, zwischengeschnittene Details von Kostüm und Geste, vor schwarzem Hintergrund ausgeleuchtete Szenerie. Die Mise-en-Scene von Wiesauers Arbeit führt jedoch mit (selbst)ironischem Augenzwinkern weg vom traditionellen „Confessional“: in Vasen arrangierte Blumen und eine Blütentapisserie mit dem Motiv der „Porzellanblume“ (Hoya carnosa tricolor), einer Blume deren üppige Blüten erst in der Nacht einen hochintensiven, süßen Duft verströmen. Wenn also die fünf Protagonist*innen zwanzig spannende Minuten über die besondere Zeitlichkeit sprechen, die sie erleben (das Warten auf die Transition, die immer bleibende Prozessuralität der Performativität von Gender) und über die besondere Örtlichkeit (die Bedeutung des öffentlichen Raums im Zusammenhang mit dem Passing, der virtuelle Raum als Potenzial für Community building, Aktivismus und politischer Intervention) sowie die patriarchale Systemimmanenz von Diskriminierung (Gatekeeping) verdichtet sich in der Diskursivierung, was die Filmsprache nur andeutet: die radikale Herausforderung der Grenzen des Binären im Trans*Life. Wie schön, dass Rosa Wiesauers Film dieses Trans*Life präzise kartiert und gleichzeitig „unapologetically“ feiert. (Andrea B. Braidt)

Orig. Titel
TRANS*GAZE
Jahr
2021
Land
Österreich
Länge
20 min
Kategorie
Dokumentarfilm, Artist Film
Orig. Sprache
Englisch, Deutsch
Untertitel
Englisch
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Credits
Regie
Rosa Wiesauer
Kamera
Magdalena Fischer
Sound Design
Theda Schifferdecker
Sound Mastering
Karolina Gruschka
Licht
Nanouk Baudrot
Set Design
Rosa Wiesauer
Produktionsassistenz
Julischka Stengele
Mitwirkende/r
Faris Cuchi Gezahegn, Jolanda Resch, Steffi Stankovic, Ruthia Jenrbekova
Editing
Rosa Wiesauer
Verfügbare Formate
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)
Bildformat
16:9
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
24 fps
Farbformat
Farbe
Festivals (Auswahl)
2021
Kiev International Short Film Festival
2022
Bochum - DOXS RUHR
Wien - Queertactics (None)