Der König der Seitenpfade
„Weißt du, ich bin aus einer anderen Zeit“, erklärt der alte Mann dem, der eines Tages auch solch ein alter Mann werden könnte. Früher hat Claudio Schreiber, den der österreichische Filmemacher Michael Glawogger wegen seines unsteten Geists zum „König der Seitenpfade“ erklärte, auf Regisseur Jakob Fischer und dessen Bruder aufgepasst. Nun aber sind die Kinder erwachsen und alle Pinguine im Zoo gesichtet, aus der Figur des (Groß-)Vaters ist ein Freund geworden, mit dem sich dieser Film auf seine letzte Reise begibt. Wer damals noch achtgab, auf den muss jetzt möglicherweise achtgegeben werden: Claudio ist ein unzuverlässiger Erzähler, der im Rauch seiner Selbstgedrehten eigene Episoden von Luft und Liebe spinnt; eine Erscheinung zwischen Märchenonkel und Rockstar, Tanzbär und Philosoph, der anhand einer Frage die größten Probleme der Welt mitsamt ihrer Lösung aufdecken kann.
Sorgsam heftet Fischer sich mit der Kamera an Claudios Bewegungen, die hier den Takt vorgeben, nimmt in der Montage über den kontinuierlichen Wechsel von Schauplätzen die Rastlosigkeit des Protagonisten in die Form des Films auf. Denn am liebsten mag es dieser Mann um die 80, den das Meer erwischt hat, wie er selbst sagt, unterwegs zu sein. Aus dem Off ordnet Fischers Stimme gelegentlich die Abenteuer, weist auf das hin, was zwischen dem Material liegt, zweifelt am Blick auf die Person, die er zeigt. Eine Verbundenheit ist es aber, die diesen Film auszeichnet und unablässig spürbar wird, wenn sie Räume, Zeiten und andere Grenzen überschreitet. Das Leben, es ist ein Projekt, es ist ein Prozess, der sich nicht auf den Hauptstraßen dieser Welt vollzieht, wie Der König der Seitenpfade lehrt: „If you have no expectations then you stay forever young.” (Anne Küper)
Der König der Seitenpfade
2022
Österreich
30 min