techno
Es gibt Momente in Lydia Nsiahs Sci-Fi Filmtrilogie techno, in denen man in einen sich immer tobender drehenden Tunnel starrt. Tiefe jenseits von Vorstellung. Und man denkt plötzlich an Octavia E. Butlers Roman Kindred und die lebensbedrohlichen Zeitreisen von dessen Protagonistin. „Wir sind nicht auf lange Haltbarkeit getrimmt", sagte die einflussreiche Science Fiction Autorin Butler einmal. Ihre Voraussicht, dass wir uns als Spezies über lang oder kurz selbst zerstören werden, hatte sie bereits vor Jahrzehnten. Dieses Taumeln in einen Strudel, aus dem wir längst nicht mehr in der Lage sind, uns hinauszuziehen, überträgt Nsiah in ihrem Film kraftvoll und auch beunruhigend in visuelle und - mittels der Soundkompositionen von Pisitakun, Jejuno und Billy Roisz, in tonale Turbulenzen. Das Auge wird durch die spiralförmigen Drehbewegungen, die in Nsiahs Filmen immer wieder auftauchen und erzeugt werden mit einer eigens entworfenen Apparatur, permanent überfordert: Manchmal ist die urgency des immer dröhnenderen Tunnel-Technos im Sprint mit den rasend schnellen Drehungen der Bilder so unerträglich, dass man sich die erlösende Implosion fast herbeisehnt.
Bei Minute 6 des insgesamt 22 Minuten langen Films kommt diese erlösende Implosion das erste Mal: das Bild ist für Sekunden schwarz, der Sound ist abgeflacht. Dann geht es langsam wieder los, das Leben.
"Mit techno verwebe ich meine Arbeit mit dem Dazwischen, den Abgründen und Leerstellen in audiovisueller Wissensproduktion mit meiner Liebe zu Science Fiction", schreibt Lydia Nsiah. Der Künstlerin geht es am Ende immer auch um nichts Geringeres als die Vergangenheit, die Gesellschaft der Gegenwart und um die Frage nach Zukunft. Oder, um es in den Worten von Octavia E. Butler zu sagen:
To survive
Know the past.
Let it touch you.
Then let
The past
Go.
(Julia Grosse)
In der Kurzfilm-Trilogie techno versammelt und spiralisiert Lydia Nsiah historische und gegenwärtige Science Fiction Filme mit Fokus auf Afrikanische, Asiatische, Indigene, Indische und Südamerikanische Filmproduktionen. Sie arbeitet mit deren filmischer Darstellung der Ängste vor und den Möglichkeiten von Technologie und montiert die gefundenen Bewegtbilder in die drei künstlerischen und kinematographischen Sequenzen inner, outer und in between. Am Anfang jedes Kurzfilms entgegnet sie der imaginierten Zukunft des Technologischen eigene 16mm-Filmaufnahmen von gegenwärtiger Natur. Die Künstler*innen Pisitakun, Jejuno und Billy Roisz antworten mit ihren Soundkompositionen auf die Sequenzen, das Sci-Fi Found Footage und die Spiralbewegung. Mit diesen Dialogen zwischen Film und Sound werden drei Kurzfilme kreiert, die miteinander in Form einer Trilogie konversieren und das Technologische auf filmische, körperliche und immersive Art und Weise spiralisieren. (Produktionsnotiz)
techno
2023
Österreich
22 min