Jumping Hochhäuser
Hüpfend, rufend, Zähne zeigend. Vor Wiener Baulandschaften, wo ein Luxus-Wohnbau nach dem anderen in die Höhe gezogen wird, springt Tomash Schoiswohl auf und ab. Er hält flatternde Bilder der entstehenden Hochhäuser in den Händen und erzählt die Geschichten von vier Gebäuden, die es nicht mehr gibt.
Alle vier standen für sozialen Wohnbau und wurden unter medialem Getöse in die Luft gejagt: Zwei Wohntürme in Linz, die für VÖEST-Mitarbeiter:innen errichtet worden waren. Die Toryglen-Wohnsiedlung in Glasgow, die für einen Sony-Werbespot in einem Feuerwerk aus Farben zur Explosion gebracht wurde. Das riesige Sozialwohngebiet Pruitt-Igoe in St. Louis. Und schließlich das kleine Feuerwerks-Häuschen am Matzleinsdorfer Platz in Wien, das vom Filmemacher 20 Jahre lang für Kunst, Musik und Diskussionen genutzt und im Vorjahr abgerissen wurde.
Die Lo-Fi-Inszenierung dieser Geschichten verleiht dem Film seinen besonderen Charakter: Alte, in die Höhe gehaltene Fernseher dienen als Notizzettel und werden im Anschluss ans Deklamieren auf die Straße geschmissen. Bildmaterial von Häusern, ihrer Nutzung und ihren Abrissen wird auf digital bedruckten und aneinandergeklebten Papierzetteln zum Leben erweckt. Und abgeschnittene Fingernägel und schiefe Zähne sind ebenso Protagonistinnen des Films wie der Reumannhof, einer von Wiens ersten Gemeindebauten.
In den Geschichten und Bildern von Jumping Hochhäuser finden Wut, Trauer und Verschmitztheit zusammen. Das ungewohnte Beisammensein dieser Affekte macht einen begehrenswerten Gegenpol zu dem öden kapitalistischen Realismus auf, als dessen Produkte die gezeigten Stadtlandschaften erfahrbar werden. In diesem Begehren nach einem radikal anderen Wohnen, Bauen und sozialen Leben kündigt sich eine Sprengkraft an, die größer ist als die von hundert Abrissbirnen. (Simon Nagy)
Jumping Hochhäuser
2022
Österreich
16 min 13 sek