The Second Life of Burned Trees

Wie in Saving Some Random Insignificant Stories, in dem die Künstlerin durch das von einer Flut ruinierte Elternhaus watet und anhand aus dem Schlamm geretteter Erinnerungsstücke ihre eigene Geschichte (re)konstruiert, wird Anna Vasof auch in The Second Life of Burned Trees zur Dokumentaristin einer bereits von der Katastrophe heimgesuchten Lebenswelt: Nachdem ihnen die Waldbrände im Sommer 2022 das Leben ausgesaugt haben, sind die Bäume, die sich vor der ockerfarbenen Kulisse verwüsteter Olivenhaine wie Silhouetten herausschälen, nur noch Schatten ihrer selbst – verkohlte Skelette, aber imposant. Ihre tief verwurzelten, verknorzten, krumm gewachsenen Stämme und verdrehten Äste zeugen von überdauerten Jahrhunderten in steter Symbiose mit der Umwelt. Zugleich befeuern sie die Vorstellungskraft ihrer Betrachter:innen, in den grotesken Formen und Mustern auch etwas ganz anderes, nämlich vermeintliche Gesichter und Gestalten zu sehen.
Anna Vasof führt in ihrem hybriden Animationsfilm nicht nur dieses als Pareidolie bezeichnete Wahrnehmungsphänomen vor. Sie lässt das Publikum auch an den kreativen Auswüchsen ihres Geistes teilhaben, indem sie durch prägnante Inszenierung die charakteristischen Physiognomien, Posen und Gesten ihrer imaginierten Kreaturen in die Sichtbarkeit rückt. Ihre Rolle der Animationskünstlerin ebenso wortwörtlich nehmend wie den Titel ihres Films, haucht sie der unbewegten Materie mithilfe minimalistischer Effekte neues Leben ein: Ein blinzelndes Reptil, ein schnappender Vogel oder ein rauchender Mann, die zur schwelenden Hitze ein leises, lethargisches Lamentoso anstimmen.
Wo die Folgen menschgemachter Erderwärmung weder abstrakte Bedrohungen noch ferne Zukunftsszenarien sind, sondern sich längst ganz konkret in die Gegenwart eingeschrieben, Existenzen wie Geschichte(n) verschlungen haben, sucht Vasof nach den Überresten dieser Leben – und (er)findet sie. Eine ebenso kluge wie unprätentiös-witzige Ökohorror-Meta-Animation, die dem Klimawandel endlich ein Gesicht verleiht! (Michelle Koch)


Bei den Waldbränden im Sommer 2022 in Griechenland verbrannten Tausende uralte Olivenbäume. Diese Bäume hatten Jahrhunderte überlebt, nun sind aus ihren Kadavern geisterhafte Gestalten geworden. Die Einheimischen bezeichnen sie als mythologische Kreaturen. (Produktionsnotiz)

Orig. Titel
The Second Life of Burned Trees
Jahr
2023
Land
Österreich
Länge
6 min 15 sek
Regie
Anna Vasof
Kategorie
Animation
Orig. Sprache
Kein Dialog
Credits
Regie
Anna Vasof
Konzept & Realisation
Anna Vasof
Verfügbare Formate
DCP 2K flat (Distributionskopie)
Bildformat
16:9
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
Farbe
Festivals (Auswahl)
2023
Best Austrian Animation Film Festival
Uppsala - Int. Short Film Festival
Wien - VIS Vienna Shorts
2024
Hamburg - Mo&Friese Festival des Jungen Films
Marseille - RISC Rencontres Int. Sciences et Film
Beyoglu/ Istanbul - IFSAK Short Film Festival
Islamabad - European Film Festival
Novi Sad Film Fest