Schützenfest
Was und wozu sind Schützenfeste? Auf den Webseiten von Schützenvereinen und Vereinbedarfs-Geschäften wird diesen Feiern eine doppelte Mission zugeschrieben: einerseits Brauchtumspflege, andererseits gestreute Unterhaltungsangebote für Bevölkerung und Gäste. In Lennart Hüpers und Lennart Mikettas Schützenfest ist beides zu sehen: das Festhalten an lokalen Traditionen und der Allzweck-Veranstaltungscharakter, dessen Elemente ausschauen wie Frühschoppen, Dorfhochzeit, Jahrmarkt: rurale Eventkultur als eigene Formatierung des Zusammenseins.
Hüpers und Mikettas pointierte Kurzdokumentation folgt in ihrer Dramaturgie den großen Stationen des titelgebenden alljährlichen Fests in Brilon im Sauerland: vom Aufmarsch der örtlichen Schützenbruderschaft über den Männern vorbehaltenen ‚Schnadezug‘ entlang der Stadtgrenze bis hin zum Wettschießen, bei dem ein neuer Schützenkönig gekürt wird. Bild- und Montagewitz des Films halten sich nicht lang mit dem Entschlüsseln offenkundiger konservativer Semantiken auf. Seine beträchtliche Energie bezieht Schützenfest aus dem Nebeneinander von Brauchtums-Performanz, Unterhaltungsbetrieb und einer beide überformenden sozialen Betriebsamkeit. Die geräumigen Tableaus sind nicht so sehr Fixierungen des Rituals, sondern Einladungen, Überschüsse und Gegenläufiges an den Bildrändern und zwischen den Einstellungen aufzuspüren. Zu Beginn prüft ein Helfer, wie viele naturselige Deko-Äste die Saalbeleuchtung verträgt; zum Schluss geben Trachtentrommler in einem Hinterzimmer ein Duett, während vom Tanzsaal „I Will Survive“ durch die Wand dringt. Zwischendurch eine offizielle Ansprache, die auch im Namen des Klimaschutzes an ein „Wir“ appelliert: eine kleine Verunsicherung auch für die Grenzziehungen eines Filmpublikums, das wohl eher nicht selbst auf Schützenfeste geht. (Joachim Schätz)
Schützenfest
2024
Österreich, Deutschland
24 min
Dokumentarfilm
Deutsch
Englisch