gül

Ein Sommertag zwischen Sprachen, Mahlzeiten und Missverständnissen. Fern von ihrer Heimat, lebt und arbeitet Gül bei einer Patchwork-Familie in einem türkischen Dorf. Während Filiz, die jüngste der Familie, die Zeit totschlägt, muss Gül den Ort früher als erwartet verlassen. Zwiegespalten, kreisen ihre Gedanken um Heimat und Familie im Alltag, sowie in der Ferne; derweil schwingt das Dorf, scheinbar unberührt, im eigenen Rhythmus weiter.

Wenn sich die Fransen eines Teppichs oder eines Kleidungsstücks ineinander verfangen oder mit den Fransen eines anderen Teppichs oder Kleidungsstücks verflechten, entsteht ein neues unvorhersehbares Muster, das nicht länger den Prinzipien von Ordnung und Herkunft gehorcht, sondern plurale Mischungsverhältnisse hervorbringt: Die einzelnen Fransen verlieren gewissermaßen ihre disktinkte Identität, indem sie sich mit den anderen verhaken, verknoten und verstricken und bilden dabei wilde Ornamente aus, die vom eigentlichen Ursprungsentwurf abweichen. gül ist solch ein schöner Fransenteppich, der unentwegt Verfransungen multilingualer und transkultureller Art webt und gar nicht erst auf einen Zustand hinaus will, in dem diese Fransen aufzudröseln wären.

Gül lebt und arbeitet in einer türkisch-österreichischen Familie in einem türkischen Strandort: Woher Gül kommt (sie spricht neben Türkisch auch Russisch und Ukrainisch), ob sie mit der Kumpas-Familie verwandt ist oder nicht, ob sie in der Familie angestellt ist oder nur aushilft, wohin sie weiterziehen wird, ob die Kumpas-Familie in dem Ort lebt oder nur Urlaub macht – all das wird in radikaler Schwebe gelassen. Eine melancholische Unbestimmtheit und Unbehaustheit umgibt die Figur, aber zugleich entspinnt sich eine zarte Bande zwischen ihr und der jüngsten Tochter der Familie, Filiz, die am Ende des Films in sprachloser Solidarität vereint sind. Man könnte auch sagen: Sie verfransen sich. Durch die gemeinsame Wahrnehmung des Ortes, entsteht ein Verständnis füreinander, das durch Sprache nicht möglich war. (Sulgi Lie)

Orig. Titel
gül
Jahr
2024
Land
Österreich
Länge
28 min
Kategorie
Kurzspielfilm, Hybrid
Orig. Sprache
Türkisch, Deutsch, Russisch, Ukrainisch, Usbekisch
Untertitel
Englisch
Downloads
gül 01 (Bild)
Credits
Regie
Lidija-Rukiye Kumpas
Kamera
Stella-Joya Puelacher
Montage
Martin Weiss, Sarah Kučera
Ton
Fabian Rausch
Sound Design
Svea Malin Peters
Darsteller*in
Gullola Kutlieva, Ali Muhsin Kumpas, Filiz Kumpas, Iryna Yusyk, Esma Kurt, Luisa Reiterer, Ayşe Kumpas
Verfügbare Formate
Festivals (Auswahl)
2024
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films
Saarbrücken - Filmfestival Max Ophüls Preis