Saying Not Said
Saying Not Said beginnt mit einer subtilen, zwischenmenschlichen Berührung: Mutter und Tochter, die sich die Hände halten, während die Filmemacherin im unscharfen Bildvordergrund letzte tontechnische Vorbereitungen trifft. Eine feine Geste des Zugeneigt- und Verbundenseins, die von der Kamera nicht eigens fokussiert, oder ins Bild gerückt wird.
Christina Stuhlberger beschäftigt sich in ihrem Kurzfilm mit der intergenerationalen Tradierung von Sprache. Der Film kreist um zwei Mutter-Tochter-Beziehungen, wobei das Erzählen, Hören und Übersetzen von Kindheits- und Jugenderinnerungen der beiden, in jungen Jahren aus den Philippinen nach Europa emigrierten Mütter im Zentrum steht. Stuhlberger – als eine der Töchter selbst Teil der filmischen Anordnung –, interessiert sich im Speziellen für jene Konzeptionen von Sprechen und Stimme, die, im Unterschied zu einem logozentrischen Modell, welches Stimme einzig in Verbindung mit Sprache als bedeutungsvollen Klang auslegt, stärker die materiellen und geräuschvollen Dimensionen von (menschlicher) Stimme in den Vordergrund rücken. Eine solche voice als noise führt ein körperliches – ein berührendes – Moment mit sich, das von der Hörer_in in gewisser Weise gespürt werden kann.
Wenn der Philosoph Emmanuel Lévinas mit Saying und Said eine dialogische Dimension des Sprechens [das Sagen] von einer semantischen Ebene der Bedeutungen [das Gesagte] unterscheidet, lenkt er den Blick auf ebendiesen Aspekt des Inbeziehung- und Zueinanderseins, der jeden Sprechakt erfüllt und dem auch Stuhlberger in ihrer filmischen Arbeit nachgeht. Nicht die Absicht, den (einen korrekten) Wortsinn zu verstehen ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung, sondern der zwischenmenschliche Raum, die Begegnung mit der Anderen und das Bestreben, sich ihr hinwenden und zuhören zu wollen. (Caroline Schöbi)
Saying Not Said
2024
Belgien, Österreich
18 min
Artist Film, Dokumentarfilm
Cebuano, Deutsch, Mandinka
Englisch, Deutsch