Motherigine
“Roses are red, violets are blue, I want to smash the patriarchy with you“. Ein roter Flyer im Bilderrahmen. Nächstes Bild: Eine Karikatur einer großen Frau, die einen kleinen Mann hinter sich herzieht, mit einer Leine an seiner phallusförmige Nase. Dann zeigt uns Sophie Bösker, Regisseurin, Protagonistin und Ich-Erzählerin von Motherigine, in der Wohnung, in der diese Bilder hängen, eine Matratze. Eine „Scheiß-Matratze“ von Georg. Auf der man aber „acht Stunden schlafen kann. Ohne Unterbrechung“. Und ohne Baby, ganz allein im eigenen Zimmer.
Am Anfang ist es lustig. Sophie ist schwanger, macht im Bikini mit dickem Bauch Nonsens-Diss-Tracks über idiotische Typen. Doch dann nimmt sie sich vor, die 50:50-Aufteilung der Carearbeit für Tochter Lotti drei Jahre lang zu dokumentieren. Und die frontale Kamera wird zum Ventil. Mit ungeschönter, radikaler Ehrlichkeit filmt sie sich beim mechanischen Stillen, beim übermüdeten Gläschen-Füttern der bilderbuchniedlichen Tochter, bei Auseinandersetzungen mit Georg um die Rollenverteilung. Nicht nur weil sie stillt, sondern weil sie sich wie ein dauerangespanntes „Raubtier“ an ihre gesellschaftlich vorgegebene Rolle gebunden fühlt. Doch Momente der Leichtigkeit, des Witzes, der Selbstbehauptung erobern im Verlauf des knapp halbstündigen Films immer deutlicher ihren Platz. Unvermittelt einsetzende Videoclipsituationen, in denen die ausgelaugte Mutter mit Einkaufswagen bewaffnet oder auf dem Klodeckel sitzend als Rapperin die Situation kommentiert und ironisiert, zeigen, wie sie tradierte Geschlechterklischees immer weiter abbürstet. Und spätestens, wenn sie rappt „Herdpremiere war schon längst, du Hurensohn“, ist klar, wie lohnend – und unterhaltsam – der Kampf um Emanzipation hier nach vorne prescht. (Sonja Eismann)
Motherigine
2026
Österreich
29 min